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»Masken-Bande« hüllt
sich noch in Schweigen

Taktische Geplänkel zum Auftakt vor dem Landgericht

Bielefeld (uko). Wegen schwerster Verbrechen muß sich die sechsköpfige »Masken-Bande« seit Mittwoch vor dem Landgericht Bielefeld verantworten. Eines der Opfer war ein Bielefelder Getränkehändler, der als Geisel nach Enger verschleppt worden war.

Auf der Anklagebank sitzen fünf Türken und ein türkischstämmiger Deutscher aus Bielefeld, Herford und Hiddenhausen im Alter von 17 bis 46 Jahren. Staatsanwältin Stefanie Dakers wirft den Männern vor, im Zeitraum vom 15. Dezember 2005 bis zum 21. Juli 2006 insgesamt elf Taten der schweren räuberischen Erpressung, des schweren Raubes, der Freiheitsberaubung, des erpresserischen Menschenraubes, der Mötigung und der Körperverletzung begangen zu haben.
Unfaßbar allein war das Verbrechen, das sich kurz vor Mitternacht des 2. August 2005 in Bielefeld und in Enger abspielte: Unter einem Vorwand war der Bielefelder Getränkehändler R. nach Enger gelockt worden; er solle noch Getränke zu einem Bauernhof liefern. Mit 1 400 Euro Wechselgeld machte sich der Kaufmann auf den Weg, wurde schon bald von einem Wagen mit vier Bandenmitgliedern beschattet. In Enger angekommen, wurde der Bielefelder sofort verprügelt und später an das Lenkrad seines Lieferwagens gefesselt. Obendrein forderte die Bande für den folgenden Tag weitere 5 000 Euro, die in einer türkischen Teestube in Bielefeld abgeliefert werden sollten. Anderenfalls würden der Händler und seine Tochter erstochen.
Der erste Verhandlungstag vor einer Jugendkammer des Bielefelder Landgerichts war gestern von taktischen Geplänkeln der Verteidiger geprägt. Einer der Rechtsanwälte forderte gar eine Aussetzung des Verfahrens, weil sein Mandant keine türkische Übersetzung der Anklageschrift erhalten habe. Diesen Antrag lehnte die Kammer rigoros ab. Zugeständnis des Gerichts: Die Anklageschrift wird nachgeliefert, auch in türkischer Sprache. - Alle Angeklagten hielten sich gestern sehr bedeckt, ob sie am kommenden Verhandlungstag, ab 7. Februar, eine Aussage machen wollen. Einer der Haupttäter, der Türke Arslan M. (21) ließ durch seinen Verteidiger sibyllinisch mitteilen, es sei »durchaus nicht auszuschließen, daß eine allumfassende Einlassung« abgegeben werde.
Hintergrund dürften die Strafnachlässe sein, die sich die geständigen Angeklagten davon versprechen. Den erwachsenen Tätern drohen für jeden Fall eines Raubes immerhin mindestens fünf Jahre Haft. - Die Richter kündigten indes auch schon brisante Zeugenvernehmungen an: So sollen die Polizeibeamten aussagen, die einen V-Mann vernahmen, der in die Bande eingeschleust worden war.

Artikel vom 18.01.2007