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Deutsches »Jenseits von Afrika«
Aus »Momella« wurde »Hatari«: Vor 100 Jahren erfüllte sich Margarete Trappes Afrika-Sehnsucht am Kilimandscharo
Die »Momella-Farm«, vor 100 Jahren am Kilimandscharo gebaut, lebt wieder auf. Hardy Krügers 1973 geplatzter Traum von der »Farm in Afrika« heißt seit 2004 »Hatari-Lodge« und ist eine pure Reminiszens an den »Oscar«-gekrönten Film »Hatari!« mit John Wayne und dem blonden Weltenbummler, der dort 13 Jahre sein Glück fand.
Sein Sohn, Hardy junior, lernte hier das Laufen, Romane und Reportagen machten die »Momella-Farm« weltberühmt.
1907 legte eine gewisse Margarete Trappe aus Schlesien den Grundstein für die bis heute andauernde deutsche Sehnsucht nach Afrikas Schönheit.
Längst vergessen ist, dass der Kilimandscharo mit 5895 Metern allen Ernstes seinerzeit als höchster Berg Deutschlands galt. Die kurze und nicht einmal profitable deutsche Kolonialgeschichte (1885 bis 1918) ist den Heutigen eher peinlich. Ungebrochen sind dagegen die besonderen Gefühle für Traumlandschaften und paradiesische Tier- und Pflanzenwelten.
Auf den TV-Erfolg »Afrika, mon Amour« (neun Millionen Zuschauer) mit Iris Berben lässt das ZDF am 30. Januar und 6. Februar »Momella« folgen. Christine Neubauer verkörpert die Auswanderin Margarete Trappe, die um die Erfüllung ihres Traumes 50 Jahre immer wieder neu kämpfen musste - eine faszinierende Biografie des 20. Jahrhunderts, ein deutsches »Jenseits von Afrika«.
An einem paradiesischen Platz am Fuß des Kilimandscharo machte Margarete mit ihrem Mann Ulrich ihren ganz persönlichen Traum von Afrika wahr. Landerwerb war leicht - jeder konnte so viel abstecken, wie er mochte. Die Stämme reagierten unterschiedlich: die Wameru friedlich, die Massai erst einmal feindselig. Doch Margarete errang schnell ihren Respekt als die »Weiße Jägerin« und Heilerin.
Die Weltgeschichte beeinflusste das Leben am Kilimandscharo immer wieder: Im Ersten Weltkrieg wurde Ehemann Ulrich eingezogen und nach Kämpfen vermisst. Margarete suchte mit ihrem schnellen Pferd Comet im Feindesland nach ihm. Als britische Truppen kurz vor Momella standen, trieb Margarete allein ihre Herden mit 1000 Tieren quer durch den Busch zur deutschen Stellung Lettow-Vorbecks.
Die alten Geschichten bis zum Tode Margaretes, vor genau 50 Jahren, sind nur die halbe Story. Heutzutage lassen die Gäste der Lodge vor dem riesigen Kamin im Haupthaus vor allem den Tierfänger-Film »Hatari!« vor ihren geistigen Augen stets aufs Neue ablaufen. Mit nicht ganz soviel Vollgas, aber exakt auf der Strecke, die John Wayne und Hardy Krüger 1962 in der Einstiegsszene des Films entlangrasten, gehen die »Momella«-Gäste 2007 im offenen Wagen auf Foto-Pirsch. Links der Mount Meru, rechts der Kilimandscharo, dazwischen endlose Savanne. Am Rande der Piste lassen im Idealfall schlanke Massai ihre Herden weiden. Und irgendwo gibt es auch noch Nashörner - aber bestimmt keine mehr, um sie mit dem Auto zu hetzen, wie seinerzeit die Paramount-Crew, die Momella als Basis für den Dreh gepachtet hatte.
»Hatari« heißt auf Swahili »Gefahr« und klingt irgendwie besser als »Momella« - deshalb der Namens- aber nicht der Standortwechsel über 100 Jahre. Im Film-Klassiker gehen der grantige Sean Mercer (Wayne), der kernige Kurt Mueller (Krüger) und der schusselige Pockets (Red Buttons) wie gesagt auf Nashornjagd, inklusive gedoubelter Rammszene. Und bis heute gilt unvermindert, was Hardy Krüger 1970 notierte: »Die Sonne verschwand hinter dem Meru. (...) Im dunklen Spiegel seiner glatten Oberfläche reflektierte sich der Schnee des Kilimandscharo. Glücklich, wer hier leben kann.«
Da war der Sozialismus des tansanischen Präsidenten Julius Nyerere so weit fortgeschritten, dass die »Momella« den Krügers und Trappe-Nachfahren auf raffinierte Art bereits fast entzogen war. Der Arusha-Nationalpark wurde ausgeweitet, das Land konfisziert. Zudem starb Hardy Krügers Partner Jim Mallory - von den Einheimischen ehrenvoll »Babu« genannt. Dessen Frau Ulla und Tochter Tanja Momella zogen zurück nach Deutschland.
Inzwischen haben zwei junge Deutsche mit großer Afrika-Kenntnis das Anwesen übernommen: Hardys Wohnhaus ist heute ein Teil der »Hatari«-Lodge und Wohnung der Familie Jörg und Marlies Gabriel. Jim Mallorys ehemaliges Haus ist jetzt das Lodgegebäude von »Hatari«.
Am Nordrand des Arusha Nationalparks gelegen, nur eine Stunde Fahrt vom Kilimandscharo-Airport entfernt, ist »Hatari« umgeben von paradiesischen Seen- und Kraterlandschaften, märchenhaften Regenwäldern und der steil aufragenden Kulisse des erloschenen 4566 Meter hohen Vulkans Mount Meru.
Eingerahmt von duftenden Akazienbäumen bieten sich fulminante Ausblicke auf atemberaubende Landschaften. Direkt unterhalb der Lodge breitet sich die »Momella«-Lichtung aus, eine Feuchtsavanne mit Wasserlöchern, zu der ein großer Steg führt. Hier weiden Büffel, Warzenschweine wühlen nach Knollen und Giraffen promenieren in friedvoller Stimmung - von niemandem mehr gehetzt - daher.
Reinhard Brockmann

Artikel vom 20.01.2007