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Der Sturm zerfetzt den schönen CSU-Zeitplan

Stoibers politisches Ende an einem Tag des Desasters

Von Carsten Hoefer
Kreuth/München (dpa). Lange schon bröckelten Ansehen und Einfluss Edmund Stoibers, nach einem kurzen verbissenen Machtkampf in der CSU ist er nun am Ende. Regierungschef soll Innenminister Günther Beckstein werden, als CSU-Chef ist Wirtschaftsminister Erwin Huber auserkoren.
Landrätin Gabriele Pauli.
Doch der geordnete Stabwechsel missglückt der CSU in spektakulärer Weise. Der Fahrplan gerät in Wildbad Kreuth, wo sonst Geschlossenheit demonstriert wird, völlig durcheinander.
Abgeordnete der Landtagsfraktion plaudern am gestrigen Vormittag den Geheimplan aus. Eigentlich sollte Stoiber selbst die Lösung präsentieren, um ihm einen Abgang in Würde zu ermöglichen. In der Staatskanzlei herrscht Entsetzen, als die Berichte über das Nachfolge-Tandem die Runde machen. Nun sieht es so aus, als werde er aus dem Amt gejagt - ein Horrorszenario. Wenige Stunden nach den ersten Eilmeldungen kündigt Stoiber in einer eiligst einberufenen Pressekonferenz in der Staatskanzlei seinen Rückzug an. Draußen zieht derweil der Orkan auf.
Der CSU-Chef wirkt gefasst, als er erklärt, dass er den Parteivorsitz zum 30. September abgibt. Bei der Landtagswahl 2008 wird er nicht mehr antreten. Landtagspräsident Alois Glück sagt: »Für mich geht es darum, dass man dem Ministerpräsidenten Respekt entgegen bringt.« Er spricht damit aus, was wohl die meisten in der CSU wollten: Stoiber soll nach 14 Jahren an der Spitze des Freistaats ein würdiger Abgang ermöglicht werden. Als Zeichen des Respekts für seine Leistungen wird dem 65-Jährigen zugestanden, die Nachfolge selbst zu organisieren. Doch die Indiskretion lässt die Präsentation misslingen. »Wir sollten alle ein bisschen dicht halten«, schimpft hinterher ein Abgeordneter.
Am Nachmittag kehrt Stoiber dann sozusagen an den Ausgangspunkt der beispiellosen Krise zurück, die ihn nach genau einem Monat aus dem höchsten Staatsamt in Bayern getrieben hat. In der CSU-Landesleitung trifft er mit seiner schärfsten internen Kritikerin, der Fürther Landrätin Gabriele Pauli, zusammen.
Sie hatte dort am 18. Dezember mit Spitzelvorwürfen gegen die ehrwürdige bayerische Staatskanzlei die Krise ins Rollen gebracht. Das klärende Gespräch war lange vor Stoibers Rücktrittsankündigung angesetzt worden. Er fährt direkt in die Tiefgarage der Landesleitung, Pauli nimmt im Gedränge der Journalisten den Haupteingang.
Triumph-Äußerungen verkneift sie sich.

Artikel vom 19.01.2007