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Hilfe bei der Integration

Hassan Habib setzt bei der Jugend auf Kampfsport

Von Eva Brinkmann
Brakel (WB). 20 000 Menschen aus 110 verschiedenen Nationen leben im Kreis Höxter, Menschen mit einem vielfach noch unbekannten Schatz an Wissen und Fähigkeiten. Hassan Habib ist einer von ihnen. Nur schlummern die besonderen Talente des 36-jährigen Irakers nicht im Verborgenen, er hat sie in den Dienst der Allgemeinheit gestellt.

In seinem Wohnort Brakel ist Hassan Habib längst kein Unbekannter mehr. Nicht nur, weil der Meister des Taekwondo (dritter Dan) selbst von Kampfkunstwettbewerben mehrere Weltmeisterschafts-Titel in die Nethestadt holte. Bekannt ist der Iraker, der in Bagdad ein Magisterstudium in Design und Architektur abgeschlossen hat, vor allem als Trainer, der sein Wissen an Kinder und Jugendliche weitergibt. Seine Zöglinge haben bei Deutschen Meisterschaften und Weltmeisterschaften ebenfalls beachtliche Erfolge erzielt.
Junge Menschen mit Mi-grationshintergrund, vor allem aus der Türkei und Russland, trainieren Seite an Seite mit deutschen Kindern und Jugendlichen. Ihnen und auch sich selbst hat Hassan Habib damit neuen Mut gegeben. »Die Integration über den Sport funktioniert hervorragend«, berichtet Ibrahim Aslan, Migrationsbeauftragter bei der Caritas. Ihm ist zu verdanken, dass der 2001 vor dem Saddam-Regime geflohene Habib in Zusammenarbeit mit dem Sozialamt und dem Jugendheim der Stadt Brakel zu dieser gemeinnützigen Tätigkeit herangezogen werden konnte.
»Das hat er so gut gemacht, dass sich 85 Kinder und Jugendliche zu seinen Kursen angemeldet haben«, berichtet Aslan. Seitdem hat sich Brakel zu einer Hochburg der fernöstlichen Kampfsportart entwickelt. Anfang 2006 nahm der TV 1890 Brakel die Gruppen als neue Taekwondo-Abteilung auf. Die Stadt Brakel kürte das Team vergangenes Jahr zur Mannschaft des Jahres, Hassan Habib wurde Trainer des Jahres. Mit sechs Weltmeisterschafts-Titeln und dreimal Silber kehrten Habibs Schützlinge im November von der Kampfkunst-WM in Hannover zurück.
»Die jungen Menschen lernen nicht nur Kampfsport, sondern auch Respekt, gegenseitige Akzeptanz, Disziplin und Benehmen«, erklärt Ibrahim Aslan. Viele Eltern hätten von positiven Veränderungen an ihren Kindern berichtet. Das mag daran liegen, dass Hassan Habib sich nicht nur beim Training um seine Schützlinge kümmert.
»Die Gruppen sind mein Leben, wir sind wie eine Familie«, beschreibt der Flüchtling aus dem Irak, bei dessen Training ausschließlich deutsch gesprochen wird. »Ich sage den Kindern, dass ich nur ihr Freund bin, wenn sie sich beim Sport, in der Schule und in ihren Familien gut benehmen.« So erzählt er von dem Vierjährigen, der im Kindergarten oft aggressiv gewesen ist und sich nun nicht mehr so leicht von anderen Kindern provozieren lässt; von dem Jungen, der gelernt hat, »Danke« zu sagen; von dem Kind, das zuvor nur wenig Bewegung hatte und nun einer der besten Sportler der Gruppe ist. »Du kannst Kinder zum Schlechten und zum Guten beeinflussen. Um Kampfsport zu betreiben, muss es im Kopf stimmen«, weiß der Taekwondo-Meister.
Doch das beispielhafte Projekt aus Brakel steht auf tönernen Füßen. Hassan Habib ist als Flüchtling nur geduldet und noch nicht lange genug in Deutschland, um im Fall einer Erwerbstätigkeit ein dauerhaftes Bleiberecht erlangen zu können. Daher haben Kinder und Eltern in Brakel eine Unterschriften-Aktion gestartet. »Es ist wichtig, dass Hassan Habib bei uns bleiben kann. Was hier aufgebaut worden ist, darf nicht wieder zerstört werden«, setzt sich Ibrahim Aslan für den Iraker ein.

Artikel vom 27.01.2007