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»Zur Frisur
bitte einen
Espresso«

Alea Eckmanns »Frisierbar«

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Warum Sie zum Friseur gehen? Der Haare wegen, werden Sie sagen. »Manche Kunden kommen sogar auf einen Kaffee«, freut sich Alea B. Eckmann (26). Die machen dem Salon der jungen Frau ganz besonders Ehre. »Frisierbar« heißt er. Und ist irgendwie der einzige »haarige Kaffeesalon« weit und breit. Kakaovariationen zur Dauerwelle, wo gibt es das schon?

Professionell bedient Alea B. Eckmann den chromglänzenden Espresso-Automaten in der Mitte des Salons. Das Aggregat von der Größe eines Heizkessels zischt und rauscht. Und spendiert einen Kaffee, der in der typischen italienischen Bar nicht besser sein kann. Fehlt eigentlich nur die Vespa vor der Tür. »Dafür werfen ganz viele Passanten und Autofahrer einen Blick in den Friseursalon«, erzählt die Bielefelder Existenzgründerin und spricht für die Nähe zum Niederwall.
Die Lage kurz vor der Altstadt verbindet gute Erschließung mit vertretbarer Miete, hat die junge Frau schnell erfahren. Im Dezember 2004 hatte sie ihr Geschäft eröffnet. Seither läuft es gut. »Etwas problematisch ist es allerdings, geeignetes Personal zu finden«, berichtet die Friseurmeisterin von wenig erfolgreichen Kampagnen, um das Team von drei auf vier Personen aufzustocken. Wenn alles klappt, soll im März professionelle Verstärkung kommen. Arminia-Profi Marcel Ndjeng ist Kunde, seine Lebensgefährtin gelernte Friseurin und an einer Tätigkeit für Alea Eckmann sehr interessiert.
Gelernt hat Alea Eckmann ihr Handwerk von der Pike auf bei Karl-Heinz Gotzmann - und ihren Traumberuf gefunden. Gleich nach Realschule und Höherer Handelsschule hatte sie ihre Karriere mit Kamm und Schere gestartet. Schon in der Ausbildung trainierte sie ihre Fertigkeiten bei Meisterfigaro Suat. Als Zweitbeste ihres Jahrgangs konnte sie sich für den Landeswettbewerb qualifizieren. Viel wichtiger aber: Das Stipendium ermöglichte es ihr, zahlreiche Weiterbildungsmaßnahmen und Workshops zu besuchen.
Und sechs Monate nach der Abschlussprüfung zog es die junge Bielefelderin nach Köln. Als Fachkraft bei einem »Promi-Friseur« wirbelte sie auf den Köpfen von Jürgen Drews oder »Jürgen« von Big Brother, Sänger Matthias Reim oder Comedy-Mann Ausbilder Schmidt. »Wenn man etwas anfängt, sollte man auch seine ganze Kraft einbringen und es richtig machen«, sagt Alea Eckmann: Sie selbst machte nicht nur die Meisterprüfung in Vollzeit in Münster, sondern hängte auch gleich noch die Ausbildung zur Betriebswirtin im Handwerk an. Gerade die betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge, hat sie längst in der Praxis erfahren, sind der Schlüssel zum Erfolg: »Wer blauäugig in ein Abenteuer als Existenzgründer startet, kommt schnell in Probleme. Viele Gründungen enden dann sehr abrupt.«
Für Alea Eckmann war die Existenzgründung beschlossene Sache, als sie im Oktober 2004 nach Bielefeld zurück gekommen war. Nach zwei Monaten hatte sie das Geschäftslokal an der Hermannstraße nicht nur gefunden, sondern eingerichtet, im Dezember wurde eröffnet. Erster Mitarbeiter war Enrico Thör. Der Auszubildende ist immer noch dabei und vom Sommer an Geselle. Mitarbeiterin Janine Brunn kam im Februar 2005, legt in der kommenden Woche ihre Meisterprüfung ab.
Wer die Frage nach dem Erfolgsrezept von Alea Eckmann beantwortet bekommen möchte, sollte das Geschäft mit der besonderen Ausstrahlung besuchen. Von der Idee der Kaffeebar über die Dekoration bis zu ganz individuellen Werbemitteln reicht das Spektrum. Riesige Poster und Fotos im Geschäft sind immer einzigartig. Angefertigt von einem befreundeten Fotografen aus London, der dafür ihre Mitarbeiterinnen ablichtet. Oder das pfiffige Schild »reinkommen, drankommen«. Wenn das in der Tür hängt, wissen die Kunden im Viertel, gibt es einen Haarschnitt auch ohne Termin, ist gerade etwas frei.
Frei zu haben, ist für Alea Eckmann dagegen eher die Ausnahme. Am Wochenende, erzählt die Junggesellin, ist die Buchhaltung dran. Urlaub ist maximal eine Woche lang drin. Und die Förderung von Selbstständigkeit könnte in Deutschland besser sein. Die 5000 Euro Meistergründungsprämie des Handwerks bilden eher einen Tropfen auf den heißen Stein, wenn man dafür eine Vollzeitstelle schaffen muss.
Für Alea Eckmann be-sticht die Idee der Selbstständigkeit auch nach drei Jahren. Die Faszination reiche eben nicht nur von zehn bis 19 Uhr, an fünf Tagen pro Woche. »Selbstständig ist man mit Haut und Haaren und ganzem Herzen.«

Artikel vom 27.01.2007