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Erinnerung an den Ehrenbürger

Beileidsbekundungen würdigen Verbundenheit des Verstorbenen mit seiner Heimatstadt


Von Burgit Hörttrich, Manfred Matheisen, Annemargret Ohlig und Michael Schläger
Bielefeld (WB). Tiefe Trauer bestimmten gestern in Bielefeld die Reaktionen auf den Tod des Ehrenbürgers Rudolf August Oetker. Die zahlreichen Beileidsbekundungen aus den unterschiedlichsten Bereichen des öffentlichen Lebens zeigten, wie eng verwurzelt der Unternehmer mit seiner Heimatstadt war.
»Ich bin sicher, dass viele Bielefelderinnen und Bielefelder Rudolf August Oetker und sein Wirken für diese Stadt in dankbarer Erinnerung behalten werden«, fasste Oberbürgermeister Eberhard David die Reaktionen zusammen.
In die offizielle Anteilnahme mischten sich auch viele Erinnerungen an persönliche Begegnungen mit der prägenden Unternehmerpersönlichkeit. »Für die Belange der Stadt ist er immer ansprechbar gewesen«, sagte Davids langjähriger Amtsvorgänger, Alt-Oberbürgermeister Klaus Schwickert. Wann immer es notwendig gewesen sei, habe er zu Oetker in dessen Büro an der Lutterstraße kommen können. Zwar sei man nicht immer einer Meinung gewesen. Aber wohltuend sei stets der Pragmatismus gewesen, mit dem Oetker nach einer Lösung gesucht habe.
Dr. Guido Sandler, als langjähriger persönlich haftender Gesellschafter viele Jahre Oetkers engster Weggefährte, betont den Weitblick des »großen deutschen Unternehmers«, der hoch engagiert den Grundstein für den den Erfolg der Oetker-Gruppe gelegt habe: »Er war Vorbild, schenkte Vertrauen.« Nie habe er einen Zweifel daran gelassen, dass Bielefeld Stammsitz des Unternehmens bleiben werde.
Bürgersinn, gepaart mit ostwestfälischer Zurückhaltung, hätten den Verstorbenen ausgezeichnet, meinte Johannes Delius, Vorsitzender der Bürgergemeinschaft für Bielefeld (BfB). Auch Oetker war Mitglied der Wählergemeinschaft »An vielen Versammlungen nahm er persönlich teil«, lobte Delius dessen Anteilnahme an den Belangen der Kommunalpolitik. Ehefrau Maja Oetker vertrat die Bürgergemeinschaft 15 Jahre im Bielefelder Rat.
Die Kunsthalle war eines der großen Geschenke Oetkers an seine Heimatstadt. »Seit ich in Bielefeld bin, habe ich das Verschmitzte und Humorvolle seines Wesens vor allem in kulturellen Dingen erlebt«, würdigte Kunsthallen-Leiter Thomas Kellein den Stifter, der es so gern gesehen hätte, dass das Ausstellungshaus weiter den Namen seines Stiefvaters Richard Kaselowsky hätte tragen können.
Betroffenheit und Trauer auch im Caroline-Oetker-Stift. Rudolf August Oetker gehörte zu den Initiatoren des nach seiner Großmutter benannten Stifts, das auf dem alten Anwesen der Familie unterhalb des Johannisbergs errichtet wurde. Es bietet älteren Menschen ein echtes Zuhause, verbunden mit Service, Sicherheit und hochwertigen Gemeinschaftsangeboten »Herr Oetker hat unser Haus oft besucht«, sagte Stiftsdirektor Jürgen Rottschäfer. Oetker sei ein Mensch gewesen, bei dem Kaufmannsehre groß geschrieben worden sei und der für alles, was er tat, geradestand. Das größte Kompliment, so erinnert sich Rottschäfer, sei gewesen, wenn Oetker zu ihm sagte: »Das haben Sie ordentlich hinbekommen.«
Hans-Rudolf Holtkamp, Geschäftsführer der Bielefeld Marketing, hatte ebenfalls seine ganz persönlichen Begegnungen mit Rudolf August Oetker: »Er hat die typische Ravensberger Mentalität verkörpert.« Oetker habe die Stadt und die Menschen von Herzen geliebt, obwohl er gelegentlich auch Anlass gehabt hätte, kritisch zu sein. Holtkamp weiter: »Ich habe immer erlebt, dass er gegenüber Dritten positiv über Bielefeld, seine Heimatstadt, gesprochen hat.« Zudem habe er auch für das überregionale touristische Ansehen der Stadt viel getan, zuletzt durch den Brunnen auf dem Alten Markt. Rudolf August Oetker hatte am 19. Oktober 1987 die Leinewebermedaille des Verkehrsvereins für seine besondere Förderung des Ansehens der Stadt Bielefeld bekommen.
Eng verbunden war Oetker auch mit der Evangelischen Altstädter Nicolaikirchengemeinde. »Er und seine Frau Maja waren zuletzt als Gemeindeglieder im Weihnachtsgottesdienst unserer Kirche«, berichtete Pfarrer Armin Piepenbrink-Rademacher. »Er war eine beeindruckende Persönlichkeit. Ich denke mit großem Respekt an seine Lebensleistung, geprägt auch durch seine christliche Grundhaltung.« Die Gemeinde sei ihm und seiner Stiftung dankbar für die Förderung: In der Nachkriegszeit habe er dazu beigetragen, dass der Kirchturm vollendet werden konnte, und die Bronzeeingangstür in Auftrag gegeben. »Zuletzt hat seine Stiftung unser Turmglockenspiel mit finanziert.«
Für die Bodenständigkeit Oetkers stand auch sein Engagement für die Senner Schützen. »Über den Tod unseres Ehrenobersts bin nicht nur ich tief betroffen, sondern auch alle unsere Schützenbrüder und -schwestern«, sagte Günter Petersmeier, 1. Vorsitzender der Schützengemeinschaft Senne. »Seit mehr als 37 Jahren gehörte er unserem Verein an. An seinen Geburtstagen mit einer Null oder einer Fünf dahinter waren wir Schützen immer mit einer Abordnung zur Feier eingeladen. Zu diesen Anlässen haben wir dann eine Blaskapelle mitgebracht. Das freute Rudolf August Oetker besonders. Er war ein mehr als großzügiger Ehrenoberst, der den Verein stets unterstützte und das Schützenfrühstück beim Königsschießen ausrichten ließ.«
Prof. Dr. Helmut Steiner, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse, war mit Oetker nicht erst seit Gründung der Universitätsgesellschaft 1966 befreundet. Zwei Jahre zuvor, als Oetker mithalf, den im Krieg zerstörten Alten Markt zu rekonstruieren, nahm er bei Kreis- und Stadtsparkasse jeweils eine Millionen D-Mark auf, für die die Stadt bürgte. Um Oetker die Notargebühren - immerhin 20 000 Mark - zu ersparen, holte Steiner persönlich die Unterschrift ab. Steiner: »Das hat er mir nie vergessen, seitdem sind wir immer gut miteinander ausgekommen.«

Artikel vom 17.01.2007