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EU will Killerspiele anprangern

Europaweites Verbot von Gewaltvideos im Internet ist nicht geplant

Dresden (Reuters). Im Kampf gegen so genannte Killerspiele will die EU die schlimmsten Gewaltvideos im Internet anprangern.Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD).

Es solle eine Liste der Filme und Spiele veröffentlicht werden, die in den Mitgliedstaaten verboten seien, kündigte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zum Abschluss des Treffens der europäischen Innen- und Justizminister gestern in Dresden an.
Ein EU-weites Verbot Gewalt verherrlichender Produktionen ist allerdings nicht geplant. »Jeder EU-Staat muss selbst entscheiden, welche Videos er verbietet. Das ist keine Entscheidung, die in Brüssel fallen kann«, bekräftigte EU-Innenkommissar Franco Frattini frühere Aussagen.
Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) forderte erneut ein härteres Verbot von Killerspielen in Deutschland. Die Liste solle auf der EU-Homepage »InSafe« veröffentlicht werden, die Eltern und Lehrern Hilfestellung im Jugendschutz im Internet gibt, sagte Zypries. Außerdem würden die Regelungen der EU-Staaten im Umgang mit Gewaltvideos verglichen. Die nationale Zuständigkeit für das Thema solle zwar erhalten bleiben, der europäische Austausch sei aber nötig.
Zudem wolle die EU im Laufe des Jahres den Dialog mit den Herstellern von Video- und Computerspielen sowie Internetprovidern suchen. »Der Schutz der Kinder darf keine Grenzen kennen«, betonte Frattini. Sein Ziel bleibe die Harmonisierung des Jugendschutzes in Europa. Konkret geht es ihm dabei um eine einheitliche Bestrafung von Händlern, die Gewaltvideos an Minderjährige verkaufen. »Gewalt sollte nicht glorifiziert, sondern reduziert und bekämpft werden«, erklärte er.
Zugleich müssten die Kontrollen verstärkt werden, um die Identität der jugendlichen Käufer dieser Videos und Spiele zu klären. Die Homepage »InSafe« solle dazu dienen, dass Internetnutzer die Polizei rasch über Gewalt verherrlichende oder gefährliche Inhalte des weltweiten Computernetzes informieren könnten.
Zypries wies Forderungen Becksteins nach einem Verbot von Gewaltspielen im Internet scharf zurück. »Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass man im Internet irgendetwas verbieten könnte. Das ist, als ob man das Regnen verbieten wollte«, sagte sie.
Eine in Deutschland verbotene Internetseite könne schon am nächsten Tag aus den USA oder der Karibik wieder im Netz sein. Im übrigen seien Gewalt verherrlichende Videos in Deutschland verboten. Außerdem gebe es die Freiwillige Selbstkontrolle, um Filme altersgerecht einzustufen.
Beckstein hatte am Rande des Treffens ein Verbot von Killerspielen in Deutschland gefordert. Menschenverachtende Spiele, in denen es eindeutig um das Einüben des Tötens gehe, müssten aus dem Verkehr gezogen werden, sagte er. Zugleich bekräftigte Beckstein seine Pläne, binnen zwei Monaten eine Bundesratsinitiative für ein Verbot der Spiele auf den Weg zu bringen.
Kommissar Frattini kündigte an, Brüssel werde 14 Millionen Euro für die Vernetzung der Justizbehörden in Europa bereitstellen. Eine Arbeitsgruppe der 27 EU-Staaten werde elektronische Standards erarbeiten. Neue zentrale Strukturen solle es nicht geben. Man wolle ein Informationsportal für die Justizbehörden einrichten und strebe eine Verknüpfung von Datenbanken an, wie die EU sie bei den Strafregistern begonnen habe.

Artikel vom 17.01.2007