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Stoiber-Krise noch ohne Lösung

CSU-Chef sieht sich bestärkt - Parteispitze erwartet schnelle Entscheidung

Kreuth (dpa). Ungeachtet der vertagten Entscheidung über die Zukunft des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber halten CSU-Spitzenpolitiker den Druck aufrecht.

Ein Ausweg aus der schweren Führungskrise müsse »in den nächsten Wochen« gefunden werden, sagte gestern ein Kabinettsmitglied. Der CSU-Vorsitzende leistete jedoch weiter Widerstand und warnte vor überstürztem Vorgehen. »Die aktuelle Stimmung darf nie zu langfristigen Entscheidungen führen«, sagte er in Wildbad Kreuth. Mehrere führende CSU-Politiker hoffen auf einen Rückzug Stoibers, wollen einen Bruch mit dem seit bald 14 Jahren amtierenden Ministerpräsidenten jedoch aus Sorge vor einer Zerreißprobe für die CSU vermeiden.
Nach vier Krisengesprächen in zwei Tagen hatte Stoiber in der Nacht zum Mittwoch erreicht, dass die Landtagsfraktion ihm ihr Vertrauen aussprach. Die mehr als 120 Abgeordneten ließen nach der zehnstündigen Marathondiskussion in Kreuth aber in dem Beschluss bewusst die Frage der Spitzenkandidatur 2008 offen. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte, die Parteispitze müsse vor dem geplanten Parteitag im September der Basis Orientierung geben, in dem sie »zuvor Personalfragen klärt«. »Der Parteitag erwartet Führung durch die Führung.«
Stoiber und die Spitzen von Partei und Landtagsfraktion sollten »rechtzeitig« eine Lösung erarbeiten, hieß es in dem Beschluss der Fraktion. »Rechtzeitig heißt so schnell wie möglich«, sagte dazu ein CSU-Präsidiumsmitglied. Die Parteispitze hofft auf eine einvernehmliche Lösung, der ein vorgezogener Parteitag im September möglichst geschlossen zustimmen soll.
Nach Informationen des »Münchner Merkurs« will Stoiber bei drei »Basiskonferenzen« im März für eine erneute Nominierung als Spitzenkandidat für die Landtagswahl werben. Wie die Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, soll bei den Konferenzen auch über das neue Grundsatzprogramm diskutiert werden, das der CSU-Vorstand Mitte Februar verabschieden wolle. Bereits vor den Regionalkonferenzen werde Stoiber versuchen, möglichst viele Termine an der Basis wahrzunehmen.
Die Erklärung der Fraktion fiel weit schwächer aus als eine Solidaritätsadresse des CSU-Präsidiums Anfang vergangener Woche. Das Führungsgremium hatte noch betont, man wolle die Arbeit mit Stoiber über 2008 hinaus fortsetzen. »Die Frage, wie wir in die Landtagswahl 2008 gehen, ist offen«, räumte Stoiber nun ein. Bei der Entscheidung spiele der Parteivorsitzende eine wichtige Rolle.
Stoiber machte klar, dass er sich keinem Diktat beugen will: »Ein Zeitlimit gibt es nicht.« Manche Abgeordnete in der Landtags-CSU zweifeln aber, dass Stoiber dem Druck noch lange standhält.
Landtagspräsident Alois Glück begrüßte den Fraktionsbeschluss: »Für mich ist das wichtigste Ergebnis: Es ist nicht zu Brüchen und Verwerfungen gekommen.« Stoiber habe einen »großen Schritt« getan. Der CSU-Chef hatte noch vergangene Woche gesagt, dass er bis 2013 amtieren wolle. Landtagsvizepräsidentin Barbara Stamm erklärte, Stoiber sei »auf alle Fälle Ministerpräsident bis Ende dieser Legislaturperiode«.
Mehrere Abgeordnete warnten bei der zehnstündigen Aussprache mit Stoiber vor einer monatelangen Hängepartie, die der CSU größten Schaden zufügen könnte. Zahlreiche Abgeordnete plädierten für seinen Rückzug. Es habe aber bei der sachlichen Debatte mit 60 Wortmeldungen keine Mehrheit für oder gegen den CSU-Chef gegeben. Sorge herrscht auch vor einem Volksentscheid zur Auflösung des Landtags, mit dem die Opposition Stoiber zum Rückzug zwingen will. SPD-Landtagsfraktionschef Franz Maget räumte aber ein: »Die Hürden sind wahnsinnig hoch.« Sehr viele CSU-Abgeordnete äußerten gleichzeitig großen Respekt für die Verdienste Stoibers um Bayern und die CSU.
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Artikel vom 18.01.2007