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Mehr als nur ein Außenseiter

Mindestens drei Ostwestfalen stehen im Team der Tschechen

Von Helge Käding
Lübbecke (WB). Tschechien - Geheimtipp oder Außenseiter? Bei der Nennung der Medaillentipps fällt der Name des südöstlichen Nachbarlandes nie. Dennoch ist Tschechien mehr als ein Außenseiter.

»Das Viertelfinale ist unser Minimalziel«, gibt sich Alois Mraz selbstbewusst. Der gehört zum 28er-WM-Kader von Trainer Pavel Pauza und verdient sein Geld in der Bundesliga beim TuS N-Lübbecke. Ebenso wie sein Nationalmannschaftskollege Jakub Szymanski. Beide wechselten im Sommer zu den Ostwestfalen. Der abwehrstarke Szymanski gehört zum Stamm der Tschechen, während sich Mraz nach schweren Verletzungen, unter denen der Halblinke in den letzten beiden Jahren zu leiden hatte, erst wieder in die Landesauswahl hineingespielt hat.
Tschechien trifft in der Vorrunden-Gruppe D in Bremen auf Spanien, Ägypten und Katar. »Da hoffen wir natürlich, mindestens den zweiten Platz zu belegen«, so Szymanski vor seiner Abreise nach Frankreich, wo sich die Nationalmannschaft vorbereitet hat. Dort trifft er auf viele Bekannte aus der Bundesliga: Petr Hazl (Melsungen), Milos Slaby (Balingen), Daniel Kubes und Jan Filip (Nordhorn). Hinzu kommen mit Jiri Hynek (Minden) und Filip Jicha (Lemgo) zwei bekannte Gesichter aus Ostwestfalen.
Die großen Erfolge der Tschechen im Handball liegen länger zurück. 1967 wurde die damalige CSSR in Schweden Weltmeister, 1972 sprang bei Olympia in München die Silbermedaille heraus. Danach reichte es nur noch für mittelmäßige Platzierungen, aus denen der sechste Rang bei der Europameisterschaft 1996 in Spanien herausragt. Bei den letzten Welttitelkämpfen vor zwei Jahren wurde Tschechien Zehnter.
»Das soll sich ändern. Wir haben das Potenzial besser als 1996 abzuscheiden«, meint Alois Mraz. »Die Stimmung in der Mannschaft ist hervorragend und wir haben viele gute Leute dabei.« Befragt nach seiner Rolle gibt er sich eher bescheiden: »Ich war lange Zeit verletzt und bin froh, jetzt überhaupt wieder im Team zu sein.« Mraz ist auch nicht traurig, nicht bei der Vorbereitung in Frankreich dabei zu sein, sondern auf Abruf bereit zu stehen, falls sich ein Mannschaftskollege verletzen sollte.
Die Chancen, dass Jakub Szymanski bei der WM spielen wird, sind dagegen recht groß. Der sympathische 23-Jährige gehörte zuletzt stets zum Stamm der Auswahl. Anders als im Verein wird der Rechtshänder allerdings nicht im halblinken Rückraum, sondern in der Rückraummitte eingesetzt. Zusammen mit dem ehemaligen Lübbecker Daniel Kubes bildet er dann den Innenblock der sattelfesten Abwehr. »Wir wechseln viel und die Konkurrenz ist groß. Aber es macht riesigen Spaß«, hofft Szymanski darauf, erstmals ein solch großes Turnier für sein Land bestreiten zu dürfen.
Was sind die Stärken der Mannschaft? »Wir sind diszipliniert, aber auch locker«, meint Mraz. Dies sei auch ein Verdienst des neuen Trainers. Pauza hatte vor knapp zwei Jahren den ehemaligen Melsunger Trainer Dr. Rastislav Trtik abgelöst, der dafür bekannt ist, sehr viel Wert auf Disziplin und Fitness zu legen. So schaffte Tschechien die WM-Qualifikation in den Entscheidungsspielen gegen Serbien überraschend locker. Beide Spiele (37:31, 36:27) wurden sicher gewonnen.
Ein Rückschlag für die Tschechen ist sicherlich, dass Martin Galia (Göppingen) für die WM ausfällt. Galia gilt als einer der besten Torhüter der Bundesliga und leidet unter einem gebrochenen Finger. »Schade, denn Martin kann Spiele alleine entscheiden. Aber mit Milos Slaby und Petr Stochl aus Berlin haben wir sehr guten Ersatz«, ist Szymanski trotzdem optimistisch, dass er und seine Teamkollegen bei der WM eine gute Rolle zu spielen und nicht nur zum Biertrinken nach Deutschland fahren. »Das würde auch keinen Sinn machen, wenn das Bierland Nummer eins zum Biertrinken ins das Bierland Nummer zwei reist«, scherzt Mraz.

Artikel vom 18.01.2007