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Zeitarbeit hat Konjunktur

iGZ-Bundesgeschäftsführer Werner Stolz: Flexibilität ist nachgefragt

Von Werner Stolz
Unter den Mitteln zur Flexibilisierung des Arbeitsmarktes spielt die Zeitarbeit im aktuellen Konjunkturaufschwung eine zunehmend wichtige Rolle. Die Beschäftigtenzahl ist in den vergangenen Monaten enorm angestiegen und hat inzwischen die Zahl von 500 000 überschritten.

Auch lässt sich feststellen, dass die Reformen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes einen zusätzlichen »Akzeptanz-Schub« gebracht haben, indem neue Einsatzperspektiven eröffnet wurden. Seit der Einführung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes 1972 hat sich der jahresdurchschnittliche Bestand an überlassenen Zeitarbeitnehmern verzwölffacht. Trotz ihres in Deutschland immer noch bescheidenen Beschäftigungsanteils ist die Bedeutung der Zeitarbeit auf Grund ihrer außerordentlichen Beschäftigungsdynamik für die Ausgleichsprozesse am deutschen Arbeitsmarkt sehr groß. So wurden 2006 nahezu zehn Prozent aller neu entstandenen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse (ohne Auszubildende) in der Zeitarbeit gegründet - insgesamt 125 000.
Besonders bedauerlich ist allerdings, dass Zeitarbeit in vielen Kundenbetrieben noch immer fast nur unter Kostengesichtspunkten betrachtet wird. Das zeigt sich unter anderem daran, dass in einigen großen Unternehmen für den Einsatz von Zeitarbeit nicht die Personalabteilung, sondern der Einkauf zuständig ist. Oft werden die Besonderheiten nicht beachtet, die beim Einsatz von Zeitarbeitskräften bestehen. Es wird verkannt, dass hier andere Rahmenbedingungen zu berücksichtigen sind, als beim Einkauf von Schrauben und Nägeln.
Die verbandliche Zersplitterung in Deutschland, aber auch die in der Europäischen Union herrschende Freizügigkeit für Arbeitnehmer und die damit verbundenen realen Gefahren einer wachsenden Lohnunterbietung haben bei den beiden Arbeitgeberverbänden iGZ und BZA zur Entscheidung geführt, sich intensiv für Mindestarbeitsbedingungen in der Zeitarbeit einzusetzen. Überlassen ausländische Unternehmen ohne Berücksichtigung der deutschen Tarifverträge Arbeitnehmer an einen Kunden in Deutschland, ist Tür und Tor für Preisdumping geöffnet. Diese Gesetzeslücke ist deshalb dringend zu schließen.
Als Ergebnis dieser Bemühungen konnten die beiden Arbeitgeberverbände im Mai 2006 den Abschluss eines Tarifvertrages zur Regelung von Mindestarbeitsbedingungen für die Zeitarbeitsbranche erreichen. Inzwischen wird vom Gesetzgeber intensiv geprüft, ob und wie dieses Begehren durch eine Ergänzung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes in die Tat umgesetzt werden kann.
Das wachsende Renommee einer lange desavouierten Branche wird anhalten durch
l die Einführung von verbindlichen sozialen Mindeststandards für alle in- und ausländischen Personaldienstleistungsanbieter;
l die anhaltende starke Nachfrage nach vor allem qualifizierten Zeitarbeitskräften;
l die Weiterentwicklung von »Full-Service-Paketen«, Spezialisierungen und regionalen Ausdifferenzierungen;
l die Öffnung neuer Beschäftigungsfelder (Bauhauptgewerbe, Verwaltungen oder Gesundheitswesen);
l moderne Personalkonzepte, die Zeitarbeit nicht nur als »Notlösung« begreifen, sondern strategisch orientiert sind;
l neue Branchenmodelle, die den Fachkräftemangel durch Ausbildungsinitiativen begegnen.
Die Globalisierung sowie die sich in immer schnelleren Intervallen vollziehenden Marktveränderungen zwingen Unternehmen zu permanenten Produktions- und Personalanpassungen. Eine langfristige und auch teilweise mittelfristige Personalplanung ist sowohl in Konzernunternehmen, als auch in mittelständischen Betrieben unter diesen veränderten Wettbewerbsbedingungen kaum mehr möglich. Der Einsatz von Zeitarbeitskräften hat sich zu einem strategischen Instrument des Personalmanagements entwickelt. Wurden in den vergangenen 20 Jahren Zeitarbeitskräfte überwiegend zur kurzfristigen Bedarfsdeckung eingesetzt, so ist Zeitarbeit heute als flexibles Instrument in die strategische Personalplanung eingebunden.

Artikel vom 20.01.2007