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Ostwestfalen-Lippe trauert
um Rudolf August Oetker

Bielefelder Unternehmer im Alter von 90 Jahren in Hamburger Klinik gestorben

Von Manfred Matheisen
Bielefeld (WB). Rudolf August Oetker ist tot. Der Senior des Bielefelder Familienunternehmens starb gestern Morgen im Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf an den Folgen einer Lungenentzündung. »R.A.O.«, wie er im Unternehmen respektvoll genannt wurde, wurde 90 Jahre alt.

Zu seinem 90. Geburtstag am 20. September vorigen Jahres hatten Rudolf August Oetker und seine Ehefrau Maja in ihrem Haus im Bielefelder Stadtteil Senne noch einmal Freunde, Weggefährten und Repräsentanten aus Politik und Wirtschaft versammelt. Der besondere Gruß des Firmenpatriarchen galt damals den Pensionären des Unternehmens, die er traditionell zu seinem Geburtstag empfing.
Oetker gilt als eine der großen Unternehmenspersönlichkeiten Deutschlands der Nachkriegszeit. In den 1950er Jahren schuf er die Voraussetzungen für die Entwicklung der Oetker-Gruppe zu einem weltweit operierenden Konzern mit einem Umsatz von mehr als sieben Milliarden Euro.
Der am 20. September 1916 geborene Enkel des Firmengründers und Apothekers Dr. August Oetker trat 1941 im Alter von 25 Jahren in die Firma ein, die nach dem Tod seines Vaters im Ersten Weltkrieg von seinem Stiefvater Dr. Richard Kaselowsky geleitet wurde. Als Kaselowsky, Oetkers Mutter und zwei Schwestern 1944 bei einem Bombenangriff ums Leben kamen, übernahm er die alleinige Verantwortung für das Unternehmen.
Mit Mut und Weitblick nutzte er die Chancen des wirtschaftlichen Aufschwungs in den 1950er Jahren. Es war die Strategie Oetkers, das Risiko durch Diversifikation zu begrenzen und gleichzeitig Chancen in anderen Märkten zu nutzen. Neben den Nahrungsmitteln gehören heute die Schifffahrt, Banken und Versicherungen, Sekt, Wein und Bier sowie eine Hotelkette zu den Geschäftsfeldern.
1981 zog sich Rudolf August Oetker aus dem operativen Geschäft zurück und übertrug die Verantwortung auf seinen Sohn August Oetker als persönlich haftendem Gesellschafter der Gruppe. Als Beiratsvorsitzender begleitete der Senior bis zuletzt die Entwicklung des Unternehmens. Mit der Übertragung wesentlicher Teile seines Vermögens auf seine acht Kinder und 18 Enkel schuf Rudolf August Oetker 2002 das gesellschaftsrechtliche Fundament für den Bestand der Gruppe als unabhängiges Familienunternehmen.
Rudolf August Oetker war tief in seiner Heimatstadt Bielefeld verwurzelt. In den 1960er Jahren stiftete er die Kunsthalle Bielefeld als Museum der klassischen Moderne. Die Stadt Bielefeld verlieh ihm 1981 die Ehrenbürgerwürde. Nach der Wiedervereinigung gründete er eine Stiftung, um den Verfall von Kulturdenkmälern in den neuen Bundesländern zu verhindern.
Rudolf August Oetker machte kein Aufhebens um sich. Er war bescheiden und wohltuend uneitel. Seite 3: Sonderseite
Seite 4: Leitartikel / Lokalteil

Artikel vom 17.01.2007