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Zu kurz, zu flach, zu teuer

Weiterhin Streit um den Berliner Hauptbahnhof

Berlin (dpa). Das Dach zu kurz, die Decke zu flach und die Baukosten viel zu hoch: Um den Berliner Hauptbahnhof wird weiter heftig gestritten.

Erstmals seit der Fertigstellung im Mai vergangenen Jahres räumte der Bahnkonzern jetzt Gesamtkosten von einer Milliarde Euro ein. Bislang hieß es immer nur, sie lägen einen dreistelligen Millionenbetrag über den ursprünglich geplanten 700 Millionen Euro.
Mit dem Hamburger Architekten Meinhard von Gerkan streitet sich der Konzern zudem noch um das gewölbte Glasdach über den Gleisen und die flache Bahnhofsdecke im Untergeschoss. Für die millionenschweren Kostensteigerungen und Umplanungen interessiert sich mittlerweile auch der Bundestags-Haushaltsausschuss.
Die Bahn rechtfertigt die Kostenexplosion unter anderem mit Termindruck. Ursprünglich sollte der größte Kreuzungsbahnhof Europas schon im Jahr 2000 teilweise und 2002 ganz in Betrieb gehen. Fertig wurde der ehrgeizige Bau nahe dem Regierungsviertel dann erst kurz vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft 2006.
Gerkan habe die Bahn bei einem seiner wichtigsten Projekte im »Kostenregen« stehen gelassen, sagt Bahnmanager Wolf-Dieter Siebert. Seine technischen Lösungen mussten oft langwierig überprüft und zum Teil mangels Realisierbarkeit nachgebessert werden. So wurde das ursprünglich 430 Meter lange Glasdach um 130 Meter gekappt und im Untergeschoss eine schlichte Flachdecke statt der aufwendigen Gewölbe eingezogen.
Gegen die veränderte Deckenversion zog Gerkan bereits erfolgreich vor Gericht. Er sah darin eine Verfälschung seines Entwurfs. Im November entschieden die Berliner Richter, sie müsse wieder entfernt werden. Die Bahn will dagegen noch in Berufung gehen. Der Architekt lässt nun auch die Klagemöglichkeiten wegen des verkürzten Glasdachs prüfen. Nach seinen Worten hatte er die lange Version auf Wunsch der Bahn geplant.
Den Umbau der Flachdecke im Untergeschoss des Bahnhofs kostet laut der Bahn weitere 40 Millionen Euro. Nach einem Bericht des Verkehrsministeriums wäre die Nachbesserung sehr aufwendig. Entweder müsste der Betrieb auf der Stadtbahntrasse, auf der täglich mehrere 100 Züge fahren, für ein Jahr eingestellt oder eine Dachkonstruktion errichtet werden, um den Bahnverkehr nicht zu gefährden. Beide Varianten lehnt die Bahn ab.

Artikel vom 15.01.2007