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Mittendrin statt nur dabei

60 Volunteers sind am Standort Halle im Weltmeisterschaftseinsatz

Von Gunnar Feicht (Text und Foto)
Halle (WB). Ein würdiges Zeremoniell beim Einmarsch der Nationalteams, eine griffige Spielfläche ohne gefährliche Schweißpfützen, der direkte Weg vom Abpfiff zur Doping-Kontrolle: Damit rund um die WM-Spiele im Gerry Weber Stadion auch die Details stimmen, werden 60 Helfer als »Volunteers« in Aktion treten.

Na klar, Handball ist für fast alle der dienstbaren Geister vor und hinter den Kulissen das sportliche Hobby Nr. 1 - sei es als Spieler, Trainer oder »Ehrenamtliche« in ihrem Heimatverein. »Natürlich wollte ich als Zuschauer bei möglichst vielen Spielen live dabei sein, aber als Student hat man immer ein knappes Budget. Da hat mich meine Freundin auf den Aushang in der Sporthalle aufmerksam gemacht und ich habe den Antrag ans Organisationskomitee abgeschickt.« Manuel Feuß beschreibt, wie man sich auch ohne Spitzenleistung am Ball als WM-Teilnehmer qualifizieren konnte.
Der 25-Jährige, Kreisliga-Handballer und Schiedsrichter in Diensten der TSG Harsewinkel, sorgt in Halle dafür, dass die für die Dopingprobe ausgelosten Spieler unmittelbar nach Schlusspfiff auf schnellstem Weg in die Obhut des verantwortlichen Arztes gelangen und das strenge Reglement eingehalten wird. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, die aber auch genug Gelegenheit bietet, den Weltstars während der Spiele genau auf die Finger zu schauen. »Die deutsche Mannschaft hautnah zu erleben, das ist ein Highlight. Aber ich finde es aber auch interessant, bei einem Großereignis hinter die Kulissen der Organisation zu schauen«, sieht sich Manuel Feuß doppelt motiviert.
Betreuung der Journalisten, Service-Leistungen an diversen Info-Schaltern, Hostessendienst oder Transportservice - die Einsatzbereiche der Volunteers sind vielfältig. Im Team für Logistik und Spielflächenbetreuung muss Janin Lochmüller aus Steinhagen als »Wischerin« dafür sorgen, dass der Hallenboden von tückischen Schweißspuren befreit wird, wenn Spieler in durchgeschwitzten Trikots gestürzt sind. Die 22-Jährige, bei Spvg. Steinhagen II in der Verbandsliga am Ball, hat sich die Aufgabe ganz bewusst ausgesucht: »Da bin ich bei allen Spielen nicht nur dabei, sondern kann - ja muss sogar - zuschauen.« Den Testlauf im Haller Stadion hat sie beim Bundesliga-Spiel Lemgo gegen Hamburg am 23. Dezember »sauber« gemeistert.
Am Tag vor Heiligabend durften die Volunteers erstmals in ihre Dienstkleidung schlüpfen. »Die Schuhe waren zwei Nummern zu groß und wurden umgetauscht. Aber sonst passte alles«, fühlt sich Jasmin Hölscher gerüstet. Die 17-jährige Oberliga-Handballerin aus Steinhagen trägt mit einigen Teamkolleginnen beim Einmarsch der Nationalteams die Fahnen - und damit einiges an Verantwortung für einen würdigen Rahmen der Spiele. Sie freut sich auf »die super Gelegenheit, bei einer WM live dabei zu sein«, bekennt sich aber auch zu einer Spur Lampenfieber: »Hoffentlich stolpere ich nicht, wenn's ernst wird...«
So sind auch die freiwilligen Helfer im Vorbereitungsstress. Ihr Lohn drückt sich nicht in Pokalen, Prämien und Marktwert aus, sondern in dem Erlebnis, zu einem Weltereignis »ihrer« Sportart beigetragen zu haben. Detlef Hein, im Team der »Scouter« zuständig für die Erfassung von Spieldaten, Angriffs- und Torhüterstatistiken, nimmt seine Aufgabe genauso ernst, als wenn er sonst als Landesliga-Coach die Spvg. Versmold auf wichtige Spiele vorbereitet: »Den Job, der einem hier übertragen wird, den möchte man natürlich zu 100 Prozent erledigen.« Zum Handball-Fan werden die Volunteers erst dann wieder, wenn sie außerhalb der »Dienstzeit« auf ihren Tribünenplätzen in die Zuschauerrolle schlüpfen können. Ansonsten gilt für sie für die nächsten zwei Wochen: »Wir sind mittendrin statt nur dabei.«

Artikel vom 16.01.2007