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Auf der Gefühlsskala hoch und runter

Junge Sinfoniker und Johannes Dworatzek präsentierten sich in Höchstform

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). So viel wird schnell klar: Die jüngste Arbeitsphase der Jungen Sinfoniker war von einer fruchtbaren Zusammenarbeit geprägt.

Dirigent Arne Willimczik, der auf dem Podium einen eher scheuen Eindruck hinterlässt und dem selbst angesichts stürmischen Applauses nur ein verhaltenes Lächeln zu entlocken ist, hat es sehr wohl verstanden, die jungen Musiker zu Höchstleistungen zu animieren und zu einem homogenen Klangkörper zusammenzuschweißen. Somit konnte sich das Publikum in der fast ausverkauften Oetkerhalle am Samstagabend ganz dem musikalischen Genuss hingeben.
Umrahmt wurde das anspruchsvolle Programm von zwei unterschiedlichen musikalischen Sichtweisen auf die wohl berühmteste Liebesgeschichte und Tragödie der Welt. Peter Tschaikowsky widmete Romeo und Julia eine Fantasie-Ouvertüre, die das ganze Ausmaß der menschlichen Gefühlssphäre zum Klingen bringt. Sie reicht vom ins Jenseits gerichteten Gebet über klangschöne Liebeskantilenen bis hin zu einer von Fortissimo-Schlägen durchwirkten Coda und wurde unter Willimcziks umsichtigen Dirigat mit bewunderungswürdiger Präzision vollzogen. Spannung atmeten sowohl die zarte, choralartige Einleitung wie auch die aller dramatischen Schärfe gezeichnete emotionale Aufruhr. Reaktionsschnell setzte das Orchester ausgefeilte Effekte und Stimmungswechsel penibel sauber um.
Neben der Gruppe homogener Streicher glänzten lupenreine Bläser und ein pulsierend-gefühlvoller Schlagapparat. Dies ganz herausragend in Sergej Prokofjevs Romeo und Julia-Ballett, aus dessen drei Suiten Arne Willimczik eine eigene Satzfolge zusammengestellt hatte, die sich der musikalischen Dramaturgie verpflichtet hatte. Genre- und Aktionsbilder zeichnete das Orchester mit illustrativer Kraft und Farbgebung nach, so dass man sich der lyrischen Innigkeit und aggressiven Wucht unmöglich entziehen konnte.
Im Zentrum des Programms empfahl sich Johannes Dworatzek -Êwie Willimczik ein ehemaliger Junger Sinfoniker! - als eloquenter Solist in Camille Saint-Saëns Konzert für Violoncello Nr. 1 a-Moll op. 33. Der 20-Jährige glänzte hier mit einer ausdrucksvollen und empfindsamen Tongebung ebenso wie mit feinnerviger Figurationstechnik. Ausgereift im nuancenreichen und virtuosen Spiel mit seinen schwungvoll-bewegten wie lyrischen Komplexen, hinterließ Johannes Dworatzek bei aller Anforderung einen regelrecht relaxten Eindruck, der sich in der Zugabe, dem Prelude aus Bachs zweiter Cello-Suite, noch einmal festigte. Man darf den Weg dieses hoffnungsvollen Talents gespannt weiter verfolgen.

Artikel vom 15.01.2007