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Patient erschleicht Behandlung

Gütersloher lag neun Mal im Krankenhaus, ohne bezahlen zu können

Von Christian Althoff
Gütersloh (WB). Haftbefehl gegen einen 37-jährigen Gütersloher: Er hatte sich neun Mal in ostwestfälischen Krankenhäusern behandeln lassen, ohne krankenversichert zu sein oder selbst bezahlen zu können.

Klaus B. ist Diabetiker. Nachdem er seinen Job verloren hatte, beantragte er weder Arbeitslosengeld noch Leistungen des Sozialamtes - nach Angaben seines Anwaltes aus falscher Scham. Somit war Klaus B., der sich mit Aushilfstätigkeiten durchschlug, nicht mehr krankenversichert.
Immer wieder geriet der Diabetiker jedoch in schwere gesundheitliche Krisen und begab sich dann in Krankenhäuser, um sich medikamentös neu einstellen zu lassen. Bei seiner Aufnahme gab er an, Mitglied der DAK oder der AOK zu sein, seine Versichertenkarte aber vergessen zu haben.
Im März 2005 lag Klaus B. eine Woche im Klinikum Lippe-Detmold (2900 Euro) und neun Tage in den Städtischen Kliniken Bielefeld (2707 Euro). Im April 2005 ging er für einen Tag ins Städtische Klinikum Gütersloh (489 Euro), im Juni 2005 für eine Woche ins Gütersloher Elisabeth-Hospital (2859 Euro). Im September 2005 folgte eine einwöchige Behandlung in den Städtischen Kliniken Bielefeld (2773 Euro), einen Monat später ein fünftägiger Aufenthalt im Klinikum Lippe-Detmold (2037 Euro). Im November 2005 ließ sich der Diabetiker acht Tage im Lukas-Krankenhaus Bünde behandeln (1100 Euro), im April 2006 lag er wieder vier Tage im Elisabeth-Hospital Gütersloh (1892 Euro). Zuletzt lag er im Mai 2006 im Städtischen Krankenhaus Gütersloh: Drei Tage für 1726 Euro. Zudem hatte sich der Diabetiker vier Mal von Rettungssanitätern ins Krankenhaus Fahren lassen - Gesamtkosten 1453 Euro.
Der Betrüger wurde schließlich zur Fahndung ausgeschrieben und festgenommen. Da er keinen festen Wohnsitz hatte, erließ das Amtsgericht Ende 2006 einen Haftbefehl. »Der ist allerdings inzwischen außer Vollzug gesetzt worden«, sagte Rechtsanwalt Dr. Detlev Binder. Sein Mandant habe wieder eine Wohnung und bemühe sich um Arbeit - auch um den Schaden von 19 936 Euro wieder gutzumachen.
Mirko Milinewitsch, der Sprecher der Krankenhausgesellschaft NRW, sagte, in Notfällen könnten Krankenhäuser nicht auf der Vorlage einer Versichertenkarte bestehen: »Da steht die schnelle Hilfe an erster Stelle.« Zwar sei eine schwarze Liste mit den Namen sogenannter Krankenhauswanderer wünschenswert, aber aus Datenschutzgründen unzulässig. Deshalb fiel es auch nicht auf, dass sich Klaus B. innerhalb von 14 Monaten zweimal im Städtischen Klinikum Gütersloh behandeln ließ. Dessen Geschäftsführer Ingo Engelmeier sagte, Fälle wie die des Diabetikers seien allerdings sehr selten: »2005 sind uns solche Patienten 14 000 Euro schuldig geblieben - bei einem Jahresumsatz von 40 Millionen.«

Artikel vom 15.01.2007