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Nicolas Sarkozy

»Mein Frankreich ist ohne Ausnahme das aller Franzosen.«

Leitartikel
Frankreich vor der Wahl

Sarkozy hat auch Feinde in der UMP


Von Friedhelm Peiter
Frankreichs Innenminister Nicolas Sarkozy, Vorsitzender der Regierungspartei UMP, ist gestern gegen den Widerstand führender Parteifreunde erwartungsgemäß von den Mitgliedern zum Kandidaten der UMP für das Präsidentenamt gekürt worden. Dass Sarkozy, der sich einst als »Stoiber Frankreichs« bezeichnete und als extrem ehrgeizig gilt, so eindeutig nominiert werden würde, war abzusehen.
Wie groß die Chancen des 51-Jährigen gegen seine sozialistische Konkurrentin Segolene Royal im Kampf um das höchste Staatsamt sein werden, ist jedoch ungewiss. Denn einflussreiche Parteifreunde lassen kaum eine Gelegenheit aus, ihm Knüppel zwischen die Beine zu werfen.
Präsident Jacques Chirac verbreitet genüsslich, er werde »es sich noch überlegen«, ob er nochmals als Präsidentschaftskandidat antritt, obwohl 80 Prozent der Franzosen ihn nicht mehr im Elysee-Palast sehen möchten. Bis zum 19. März hat er noch Zeit, sich zu erklären. Das Verhältnis zwischen Sarkozy und Chirac ist gestört, seit Sarkozy 1995 Chirac beim Kampf um das Präsidentenamt die Gefolgschaft verweigerte.
Ministerpräsident Dominique de Villepin, ebenfalls kein Freund des hemdsärmeligen Sarkozy, der sich durch die missglückte Arbeitsmarktreform für Berufsanfänger selbst aus dem Kandidatenrennen kegelte, hat nicht für Sarkozy gestimmt. Seine Begründung: »Solange sich der Präsident nicht geäußert hat, kann ich nicht votieren.«
Und auch Sarkozys Parteifreundin - die Verteidigungsminisiterin Michelle Alliot-Marie - drohte Sarkozy lange Zeit mit ihrer Überlegung, als unabhängige Kandidatin anzutreten.
So ist der oft nassforsch auftretende Innenminister, der die Vorstadtkrawalle Ende 2005 mit dem Einsatz von Hochdruckreinigern beenden wollte, in der UMP von Partnern umgeben, die trotz der starken Unterstützung durch die Parteibasis seine Chancen im ersten Wahlgang im April mindern könnten. Chirac, de Villepin und andere in der Partei sollten sich jedoch vor Augen halten, dass 2002 ein nur mäßig unterstützter sozialistischer Kandidat im ersten Wahlgang gegen den rechtsextremen Jean-Marie Le Pen den Kürzeren zog und die Stichwahl gegen Chirac verpasste.
Jetzt hat der für seine Law-and-Order-Politik bekannte Innenminister 100 Tage Zeit, um das Rennen gegen die sozialistische Kandidatin zu gewinnen. Derweil müht sich Segolene Royal mit ansehnlichem Erfolg, ihre politischen Defizite abzubauen und Stimmen in der politischen Mitte zu gewinnen.
Aber erst nach der Stichwahl im Mai werden wir wohl wissen, mit welchem Chef im Elysee-Palast es Bundeskanzlerin Angela Merkel zu tun haben wird.
Bis zum Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft Ende Juni bleiben dann nur noch vier Wochen Zeit, um mit dem neuen Präsidenten oder der neuen Präsidentin in Frankreich den dringend notwendigen Weg zu einer EU-Verfassung abzustimmen, den sich die Bundeskanzlerin zum Ziel gesetzt hat.

Artikel vom 15.01.2007