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»Kickerturnier trifft den Nerv
der Häftlinge«

32 Gefangene spielen Tischfußball

Von Markus Poch (Text und Fotos)
Ummeln (WB). Alltag im Knast bedeutet alles andere als Spiel und Spaß von morgens bis abends. Sonst wäre es ja keine Strafe. Um ihren Gefangenen des geschlossenen Vollzugs dennoch etwas Abwechslung zu verschaffen, organisierten vier Beamte der Justizvollzugsanstalt (JVA) Brackwede I ein internes Turnier im Tischfußball. 32 Häftlinge waren mit Ehrgeiz dabei.

Klaus Freese, Jens-Udo Rammert, Fred Plass und Michael Ziemann hatten sich vorgestellt, mit dieser Maßnahme die Kommunikation und die Zufriedenheit unter den JVA-Insassen zu verbessern. Dass diese Rechnung zu weiten Teilen aufgehen würde, war schnell zu sehen: Konzentriert und mit Schweißperlen auf der Stirn tobten sich die in 16 Zweierteams aufgeteilten Männer an fünf »Spielorten« aus. Lautes Fluchen wechselte sich ab mit Hurra-Geschrei, während die von dem Espelkamper Automaten-Hersteller Gauselmann zur Verfügung gestellten Kickertische unter der Dauerbelastung langsam aber sicher durch die JVA-Sporthalle »wanderten«.
»Das Kickerturnier trifft den Nerv unserer Häftlinge«, bemerkte erfreut Anstaltsleiter Robert Damman, der einige Partien mitverfolgte. Er selbst kickert sonst auch ganz gerne, meistens gegen seine Söhne Felix (11) und Fabian (19): »Felix spiele ich noch unter den Tisch«, sagt der 56-Jährige, »aber gegen Fabian habe ich keine Chance mehr...«
Das Team, das an diesem Wochenende in »seinem« Gefängnis alle anderen unter den Tisch spielen sollte, war lange Zeit nicht als Favorit auszumachen. Aber Sezgin und Aydin hatten starke Nerven und das notwendige Glück, um sich im Endspiel knapp mit 9:7 Toren gegen Aydin Simsek und Bayram Özkan durchzusetzen. Diese beiden Häftlinge hatten nach souverän durchspielter Gruppenphase und den sich anschließenden K.o.-Begegnungen lange wie der vermeintliche Turniersieger ausgesehen. Das jedenfalls glaubte Ehrengast Patrick Glocker. Der 35-jährige ist Angestellter der Deutschen Bahn und studiert nebenbei Informatik. Aber was in diesem Zusammenhang stärker zählt: Er gehört zur Deutschen Kicker-Nationalmannschaft, die seit der Weltmeisterschaft 2006 in Hamburg Vize-Weltmeister ist. Glocker war extra aus Saarbrücken angereist, um das Knast-Turnier zu beobachten. Anschließend trat er in einer Partie außerhalb der Wertung zusammen mit dem JVA-Beamten Jens-Udo Rammert gegen die beiden Sieger an: »Der Vordermann (Aydin) spielt sehr stark und schnell. Ihm fehlt nur noch etwas Erfahrung«, urteilte Glocker. »Der Hintermann (Sezgin) agiert wie ein routinierter Libero, der den Vordermann geschickt ins Spiel bringt. Die beiden haben sich sehr gut verkauft.«
Wenn es nach den vier Organisatoren ginge, dann könnte zum nächsten Jahreswechsel das nächste JVA-Kickerturnier steigen. »Aber das hängt alles von den Sponsoren ab«, sagt Klaus Freese. Dieses Jahr hatte er neben der Firma Gauselmann auch das WESTFALEN-BLATT im Boot, den DSC Arminia Bielefeld und Christinen-Brunnen. So erlebten alle ein sportlich faires Turnier mit schönen Preisen und ohne jede Verletzung. Freese: »Es gab noch nicht einmal einen Elfmeter...«

Artikel vom 15.01.2007