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Aufschwung beschert Superjahr

Wachstumsrate beträgt 2,5 Prozent - Aussichten bleiben auch 2007 gut

Wiesbaden (dpa). Beflügelt vom Aufschwung im Inland ist die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr so stark gewachsen wie seit dem Boomjahr 2000 nicht mehr. Die größte europäische Volkswirtschaft hing bei einer Wachstumsrate von 2,5 Prozent erstmals seit Jahren nicht nur am Tropf der Exporte, meldete das Statistische Bundesamt gestern.
Die Wachstumrate hat sich gegenüber 2005 nahezu verdreifacht.
Die Krise am Bau und die Kaufzurückhaltung der Verbraucher sei überwunden. Der Aufschwung sorgte für den höchsten Beschäftigungszuwachs seit sechs Jahren. Die Firmen investierten so viel wie noch nie seit der Wiedervereinigung.
Deutschland verdreifachte nahezu seine Wachstumsrate von 0,9 Prozent aus dem Vorjahr. Dank hoher Steuereinnahmen sank das Haushaltsdefizit auf 2,0 Prozent, damit wurde erstmals seit fünf Jahren wieder das Maastricht-Kriterium eingehalten. Die Aussichten für die Wirtschaft bleiben auch 2007 gut.
»Das Wachstum 2006 war keine Eintagsfliege«, sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Walter Radermacher. Die seit 1. Januar geltende Mehrwertsteuererhöhung wird nach Ansicht der Statistiker die Konjunktur nur in geringem Maße ausbremsen. Denn zum Jahresende 2006 hätten nur wenige Verbraucher zur Umgehung der Steuer große Anschaffungen getätigt. Lediglich auf dem Automarkt und am Bau seien Vorzieheffekte zu sehen, berichteten die Statistiker. Entsprechend werde der Ausfall beim Konsum zum Jahresanfang nicht so hoch ausfallen wie erwartet. Volkswirte rechnen für 2007 wegen der Bremswirkung der Steuererhöhungen mit einer Abschwächung des Wachstums auf 1,5 Prozent.
Der Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts im vergangenen Jahr war der dritthöchste seit der Wiedervereinigung. Nur im Boomjahr 2000 legte die Wirtschaft mit 3,2 Prozent stärker zu sowie 1994 mit 2,7 Prozent. »Es ist eine erstaunlich hohe Wachstumsrate, die an die Werte aus den 80er Jahren heranreicht«, sagte der Präsident, der von einer »guten Botschaft« sprach. Bereinigt man das Ergebnis um die geringere Zahl an Arbeitstagen, so ergebe sich für 2006 sogar 2,7 Prozent Wachstum. Im internationalen Vergleich landet Deutschland mit 2,5 Prozent Wachstum nur knapp hinter der Euro-Zone mit 2,6 Prozent und der Gesamt-EU mit 2,8 Prozent.
Anlass zum Optimismus gibt vor allem der Aufschwung im Inland. Jahrelang war das deutsche Wachstum ausschließlich exportgetrieben. Auch 2006 war der Außenhandel ein wichtiger Antriebsmotor, die Exporte von Waren und Dienstleistungen legten zweistellig zu (plus 12,4 Prozent). Allerdings trugen die Ausfuhren beim Exportweltmeister Deutschland nur noch ein Drittel (0,7 Prozentpunkte) zum Wachstum bei. Der Löwenanteil (1,7 Prozentpunkte) kam - anders als in den zurückliegenden Jahren - aus dem Inland. Die Firmen investierten deutlich mehr in Maschinen und Anlagen (plus 7,3 Prozent).
Auch am Bau lief es nach der Dauerkrise deutlich besser, die Bauinvestitionen legten um 3,6 Prozent zu. Die Bauindustrie will in diesem Jahr erstmals seit langem wieder Arbeitsplätze schaffen.
Im Inland wurde aber nicht nur mehr investiert, sondern auch konsumiert. Nach zwei Jahren Stagnation entdeckten die Verbraucher ihre Kauflaune wieder. Der private Konsum stieg um 0,6 Prozent. Dabei legten die Verbraucher weniger auf die hohe Kante als zuvor, denn die Konsumausgaben stiegen stärker als das verfügbare Einkommen.
Die Beschäftigung legte mit einem Zuwachs von 0,7 Prozent auf 39,1 Millionen Erwerbstätige so schnell zu wie seit sechs Jahren nicht mehr. Allerdings ging die Einkommensschere zwischen Arbeitnehmern und Unternehmen auseinander. Während das Arbeitnehmerentgelt nach dem Rückgang in den Vorjahren 2006 nur leicht um 1,3 Prozent auf 1144 Milliarden Euro stieg, schnellten die Unternehmens- und Vermögenseinkommen um 6,9 Prozent auf 584 Milliarden Euro hoch. Das Staatsdefizit schrumpfte dank der hohen Steuereinnahmen von 3,2 auf 2,0 Prozent.Seite 4: Leitartikel

Artikel vom 12.01.2007