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Böhmischer Adel regiert in Prag

Schwester von Außenminister Schwarzenberg lebt auf Gut Abbenburg bei Brakel

Von Michael Robrecht
Höxter/Brakel (WB). Der neue tschechische Außenminister Karl Fürst zu Schwarzenberg hat beste Beziehungen nach Ostwestfalen-Lippe. Seine Schwester Dr. Anna Maria Freifrau von Haxthausen lebt mit Mann und zwei Söhnen auf Gut Abbenburg im Kreis Höxter.
Fürst Schwarzenberg hat Familienbande in den Kreis Höxter: v.l. Elmar Freiherr von Haxthausen mit seinen Söhnen August Friedrich und Caspar Moritz und seiner Frau Dr. Anna Maria Freifrau von Haxthausen vor Gut Abbenburg, wo sich das Friedrich-Wilhelm-Weber-Epos »Dreizehnlinden« ereignet hat. Foto: M. Robrecht
Seit drei Tagen Außenminister in Tschechien: Karl Fürst zu Schwarzenberg (69).

»Ich freue mich sehr über seine Ernennung«, sagte Baronin Haxthausen gestern. So viel Glanz gab es selten in einem Prager Kabinett: Karl Schwarzenberg aus höchstem böhmischen Adel ist die schillerndste Figur in der Regierungsmannschaft des konservativen Premierministers Mirek Topolánek. Wegen seiner Herkunft ist der 69-Jährige in Prag allerdings heftig umstritten. Staatspräsident Václav Klaus weigerte sich lange, bis er den neuen Außenamtschef nach massivem politischen Druck doch akzeptierte. Schwarzenberg ist nicht nur tschechischer, sondern auch schweizerischer Staatsbürger. Hinzu kommt, dass er als Familienoberhaupt der Schwarzenbergs über Schlösser und Ländereien in Deutschland und Österreich verfügt und die Familie früher riesige Latifundien in Böhmen besaß.
»Ich habe meinem Bruder noch gar nicht persönlich gratuliert«, sagte Kunsthistorikerin Anna Maria von Haxthausen, »aber bei dem vollen Terminkalender ist das auch nicht so einfach«. Fürst Schwarzenberg sei schon häufig im Kreis Höxter zu Gast gewesen, wo der Familie Haxthausen neben Schloss Vörden und Gut Abbenburg auch der bekannte Bökerhof gehört, wo die Gebrüder Grimm ihre weltbekannten Märchen aufgeschrieben haben und wo Annette von Droste-Hülshoff gelebt hat. Fürst Karl, der nach der Wende 1990 Berater und Kabinettschef von Präsident Václav Havel war, komme ab und zu zur Jagd auf Gut Abbenburg in der Nähe von Brakel und Höxter. Auch bei Familienfesten, so bei einer Feier anlässlich des 80. Geburtstages ihres Mannes Elmar von Haxthausen in Wien, sehe man sich, berichtete Freifrau von Haxthausen.
Fürst Schwarzenberg, nach seiner Familie sind die berühmten Schwarzenberg-Palais in Wien und Prag benannt, bezeichnet sich selbst gerne als Mitteleuropäer. Die ersten zehn Jahre seines Lebens verbrachte er in der damaligen Tschechoslowakei, nach der Besetzung des Landes emigrierte seine Familie. Diese Erfahrung hat den jungen Fürsten tief geprägt, er ist als vehementer Verfechter von Bürgerrechten bekannt. Während der Kommunisten-Herrschaft auf der Prager Burg unterstützte Schwarzenberg aus dem Exil die tschechischen Dissidenten wie Václav Havel. Gleich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs kehrte er nach Prag zurück und arbeitete als Büroleiter des ersten demokratischen Präsidenten Havel. Schwarzenberg war Mitbegründer der politischen Wochenzeitung »Respekt«. 2004 wurde er als Senator ins tschechische Parlament gewählt. Er gilt in Europa als einflussreich und ist in Prag bei den Bürgern populär.
Schwarzenberg gehört einer Partei bis heute nicht an. Ins Außenministerium haben ihn die Prager Grünen gehoben, die als Juniorpartner in der bürgerlichen Dreier-Koalition diesen Posten besetzen dürfen. Schwarzenberg, der Deutsch als zweite Muttersprache hat, nennt sich seit seiner Rückkehr nach Tschechien schlicht Karel Schwarzenberg.
Für seine Schwester Anna Maria von Haxthausen wird mit der Ernennung ihres Bruders zum Außenminister ein Stück der europäischen Idee verwirklicht. Schwarzenberg will die EU-Erweiterung forcieren: »Die Union soll ganz Europa umfassen«, nannte er ein Ziel. Der Minister hofft, dass die Koalition länger im Amt bleibt und die Vertrauensabstimmung mit ihrer knappen Sitzzahl gewinnt.

Artikel vom 12.01.2007