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»Die Kinder haben
ein Recht auf Bildung«

Klosterschul-Rektorin Herlinde Jolk geht in Ruhestand

Von Hendrik Uffmann
und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). »Ich gehöre zu den wenigen Lehrern, die bis zum normalen Rentenalter arbeiten«, sagte Herlinde Jolk mit einem Lächeln. Am 30. Januar hat auch sie ihren letzten Arbeitstag, dann wird die Leiterin der Klosterschule in den Ruhestand verabschiedet.

Seit 1996 war Herlinde Jolk Rektorin an der katholischen Grundschule am Klosterplatz, wo sie jedoch schon zuvor unterrichtet hatte: Bereits von 1969 bis 1971 und von 1988 bis 1992 war Herlinde Jolk dort als Lehrerin aktiv. In den 43 Jahren, die sie insgesamt im Schuldienst ist, habe sich vieles gewandelt, erklärt die 65-jährige Mutter von drei Kindern.
1964, als sie ihre erste Stelle an einer katholischen Volksschule in Letmathe antrat, wurde sie noch mit »Fräulein Jolk« angesprochen, bei Klassen mit teilweise 56 I-Männchen war etwas anderes als Frontalunterricht kaum möglich. »Seitdem hat sich viel verändert. Die Gesellschaft, die Kinder, und auch ich selbst.«
Für sie als Lehrerin sei es immer wichtig gewesen, auf diese Veränderung zu reagieren. Denn die Kinder haben ein Recht auf Geborgenheit, auf Bildung und Verständnis von Seiten den Eltern und Lehrer, betont Herlinde Jolk. Immer weniger Mütter und Väter könnten jedoch diese Grundaufgaben wahrnehmen, wodurch sie immer mehr in die Schulen verlagert würden. »Allein durch die anderen Familienstrukturen. Vor 40 Jahren hat niemand darüber nachgedacht, ob Kinder am Nachmittag in der Schule betreut werden müssen. Da wartete die Mutter zu Hause mit dem Mittagessen.« Heute sei es normal, wenn ein Kind am Montag beim Sportunterricht erklärt, dass es den Turnbeutel am Wochenende beim getrennt lebenden Vater vergessen hat.
Die Erfahrungen, die Kinder früher gemacht haben, seien unmittelbarer gewesen - wie Spielen und Freunde treffen. »Heute dagegen ist vieles virtuell und findet in den Medien statt.« Den Kindern deswegen wieder direkte Erlebisse zu ermöglichen, müsse ein Ziel der Schule sein.
Die zweite große Veränderung sei, dass die Schüler heute sehr viel selbständiger seien - und auch so lernen wollen. »Seine Stärken und Schwächen selbst erkennen und mit ihnen umgehen und nicht nur auf die Anweisung der Lehrer zu warten, das ist wichtig«, erklärt Herlinde Jolk. Gleichzeitig bedeute dies auch eine große Herausforderung für die Pädagogen.
Eine Nachfolgerin für die scheidende Rektorin gibt es bislang noch nicht, obwohl die Stelle im Juni und im November 2006 ausgeschrieben worden war. Dafür gebe es zwei Gründe, sagt Herlinde Jolk. »Angesichts der hohen Belastung erscheint das Amt vielen wenig attraktiv, und darüber hinaus gibt es einfach wenige katholische Konrektoren als mögliche Kandidaten.«
Die Leitung der Klosterschule mit derzeit 340 Schülern wird deswegen kommissarisch die derzeitige Konrektorin Elisabeth Pähler vor der Holte übernehmen.

Artikel vom 11.01.2007