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Appell an Herz und
Phantasie des Publikums

Diskussionsforum »Heicks hält Hof« der Thekos

Bielefeld (uj). Unter dem leicht ironisch gemeinten Titel »Heicks hält Hof« hatten die Theater- und Konzertfreunde eine offene Gesprächsrunde mit dem Führungsteam des Theater Bielefeld initiiert, und zunächst sah es tatsächlich so aus, als nehme Intendant Michael Heicks das Motto wörtlich.

Andererseits, ein wenig Selbstdarstellung darf nach all den Mühen der Sanierung und Interimsspielstätten wohl sein. Dass die hohe Auslastung nicht allein aufs renovierte Stadttheater zurückzuführen ist, belegen laut Heicks die hohen Besucherzahlen im TAM. Das Erfolgsrezept heißt Vielfalt in Bezug aufs Spielzeitmotto »Neuzeit -Ê Schöne neue Werte«. Alles aber könne ständig hinterfragt werden, warb der Intendant für eine offene Auseinandersetzung mit dem Publikum.
Ob die gut 60 Besucher der Veranstaltung einen repräsentativen Querschnitt des Publikums bildeten, bleibt hingegen zu hinterfragen. Das jüngere Publikum, das durch speziell zugeschnittene Theaterprogramme im TAM sowie das neue Tanztheaterensemble rund um Chefchoreograf Gregor Zöllig angezogen wird, blieb der Runde völlig fern. In vorderster Reihe die »üblichen Verdächtigen«, die ohnehin in einem engeren Austausch mit dem Theaterteam stehen als der Otto-Normal-Besucher.
Diskussionsbedarf bildeten die derzeit in aller Munde geführten Stichwörter »Werktreue« und »Regie-Mätzchen«. Da wurde lamentiert, dass Regisseure die Werke als »Steinbrüche zur Selbstdarstellung« benutzen oder dass »Musik und Bild in Diskrepanz zueinander« stünden. Auch Befremdlichkeiten angesichts von Inszenierungen wie »Ödipus« im Gefangenenlager oder »Figaro« im Fitness-Studio kamen zur Sprache.
Heicks verwies darauf, dass Kunst stets ein abstrakter Vorgang sei, der nicht 1:1 umgesetzt werden könne. Heicks: »Sonst entsteht ein Realismus, der nur langweilig ist.« Eine Übertragung sei stets ein Angebot. Wichtig sei die Qualität. Dass man mal etwas nicht gut finde, sei völlig normal.
GMD Peter Kuhn vertrat die Ansicht, dass sich Werktreue einstelle, wenn der Geist des Stücks und der Zeit nachvollziehbar werde und verwies detailliert auf die Schwierigkeiten der Interpretation historischen Notenmaterials.
Gregor Zöllig appellierte an das Gefühl des Publikums: »Sie haben ein Herz und eigene Phantasie. Man muss nicht alles verstehen.« -ÊGut zu wissen. Übrigens auch für einen Kulturrezensenten!

Artikel vom 12.01.2007