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Sehen, wie eines aus dem anderen erwächst

Kunstverein zeigt die Positionen zweier Galeristinnen

Von Uta Jostwerner und
Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Nein, an ein Zitat von Karl Marx wollten sie nicht anknüpfen, als sie ihre Ausstellung »Die Geschichte wiederholt sich nicht!« nannten. Vielmehr wollen Anny De Decker und Stella Lohaus damit den Wandel des Kunstmarktes innerhalb der vergangenen 35 Jahre zum Ausdruck bringen.

Es ist schon beeindruckend zu erleben, wie selbstverständlich, natürlich und dennoch hochkompetent die beiden, Mutter und Tochter, über die Kunst, den Kunstmarkt und die Künstler plaudern, die sie ausstellen beziehungsweise ausstellten.
Anny De Decker tat dies gemeinsam mit ihrem Mann Bernd Lohaus in den 60er und 70er Jahren. Ihre »Wide White Space Gallery« in Antwerpen erwarb innerhalb von zehn Jahren einen legendären Ruf, gehörte sie doch zu dem damals noch überschaubaren Kreis derer, die der Kunst der Avantgarde ein Forum gab. Dies in einer Zeit, als sich die Kunst und der Kunstbegriff von tradtionellen Vorstellungen zu lösen begannen. »Die Entgrenzung des Gebietes, das man geneigt war, als Kunst zu bezeichnen, war nicht mehr aufzuhalten und in dieser Situation kam Anny De Decker und Bernd Lohaus das Verdienst zu, genau die Positionen aktueller Kunst in ihrer Galerie zu präsentieren, deren Qualtiät und Bedeutung noch heute allgemein anerkannt sind«, schreibt Daniel Marzona im Leporello zur Ausstellung, Sohn des bekannten Kunstsammlers Egidio Marzona, auf dessen Anregung die Ausstellung im Waldhof entstand.
1997 trat die Tochter in die Fußstapfen ihrer Eltern. Längst nicht mehr so konkurrenzlos wie in den 70ern, erarbeite sie sich ihrerseits einen hervorragenden Ruf als Galeristin für zeitgenössische, sperrige Kunst. Seither behauptet sie sich auf dem hart umkämpften Markt, ist auch auf den internationalen Kunstmessen vertreten. Von der Pike auf mit der Avantgarde groß geworden, baut ihre Galeristentätigkeit auf der der Eltern auf. In der Gegenüberstellung der Werke werden Verbindungen sichtbar, wird erfahrbar, wie sich zwei Generationen im ständigen Austausch miteinander mischen.
Die Werke stammen aus dem Privatbesitz von De Decker und dem Galerie-Bestand von Stella Lohaus. Sie wurden von den Galeristinnen eigens für die Räume des Waldhofs ausgewählt. Sie spiegeln sowohl den professionellen wie natürlichen Zugang zur jungen Kunst wider wie auch ein beachtliches Spektrum derselben. Zu sehen sind Arbeiten von unter anderem Joseph Beuys, Marcel Broodthaers, Panamarenko und A. R. Penck sowie Erik van Lieshout, Bjarne Melgaard, Gert Robijns und Joëlle Tuerlinckx.
Eröffnet wird die Ausstellung am heutigen Freitag um 19 Uhr. Die Galeristinnen sind anwesend.

Artikel vom 12.01.2007