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Der kleine Mann war ein ganz Großer

Carlo Ponti: Filmproduzent und Ehemann Sophia Lorens, ist im Alter von 94 Jahren gestorben

Von Carola Frentzen
Genf/Rom (dpa). Carlo Ponti, Filmproduzent und Ehemann der Filmdiva Sophia Loren, ist tot. Der gebürtige Mailänder starb gestern im Alters von 94 Jahren in einem Krankenhaus in Genf.

Es war eine der skandalträchtigsten Liebesgeschichten im Italien der Nachkriegszeit: Carlo Ponti und Sophia Loren, der Filmproduzent und die 20 Jahre jüngere Diva - das war eine Romanze wie im Buch. Beneidet wurde Ponti in der ganzen Welt dafür, dass er mehr als ein halbes Jahrhundert lang mit einer der schönsten Frauen der Welt liiert war. Er entdeckte Sophia 1950 bei einem Schönheitswettbewerb und wurde ihr Mentor, ihr Förderer und die Liebe ihres Lebens. Für die Öffentlichkeit war Ponti aber Jahrzehnte lang nur der unscheinbare Mann mit der Halbglatze an der Seite der großen Loren. Dabei hat der gelernte Jurist selbst mehr als 100 Filme produziert, die wie »La Strada« oder »Dr. Schiwago« Kinogeschichte geschrieben haben.
Gerade mal 16 Jahre ist Sophia Scicolone alt, als sie Ponti bei der Wahl zur Miss Rom kennen lernt. Der Meister verliebt sich in das Mädchen aus Neapel, das von der großen Karriere träumt - und macht es zum Weltstar. Es war Ponti, der ihren Künstlernamen »Sophia Loren« erdachte, es war Ponti, der sie weltberühmt machte. Dennoch, die Romanze hatte keinen einfachen Start.
Denn der bekannte Filmproduzent war damals verheiratet, eine Scheidung in Italien war tabu. Und viele schüttelten sowieso den Kopf über das ungleiche Paar - immerhin war Ponti einen Kopf kleiner als die Loren. Nachdem er in Mexiko die Scheidung von seiner ersten Frau erwirkte, heiratete er die Loren 1957. Jedoch bezichtigte der Vatikan ihn der Bigamie, weil die Scheidung vom italienischen Staat nicht anerkannt wurde. Und so wurde die Ehe 1962 annulliert. Vier Jahre später gab das Paar den Behördenkrieg auf: Sophia und Carlo wurden französische Staatsbürger und heirateten 1966 ein zweites Mal, diesmal legal in Sèvres bei Paris. Sie haben zwei Söhne, Carlo jr. und Edoardo - eine glückliche Familie, die zuletzt zwischen Genf, Rom und den USA lebte.
Aber Ponti war bereits ein begehrter Produzent, noch bevor er die Frau seines Lebens traf. Seinen ersten Film hatte er nach Abschluss des Jura-Studiums noch während des Zweiten Weltkrieges gemacht, »Piccolo Mondo Antico« (1941) unter der Regie von Mario Soldati. 1945 folgte der erste große Erfolg, »Rom, offene Stadt«, Roberto Rossellinis großes Epos, das vom Widerstand gegen die Nazi-Besatzung Roms handelt. Federico Fellinis Meisterwerk »La Strada« mit Anthony Quinn und Giulietta Masina gewann 1954 einen Oscar, gleich fünf der begehrten Trophäen bekam 1965 »Doktor Schiwago«. Weitere Streifen, die Ponti produzierte, waren 1956 »Krieg und Frieden« sowie Michelangelo Antonionis »Blow up« (1966) und »Zabriskie Point« (1970).
Doch war es meistens das Private, das ihn in die Schlagzeilen brachte. Dem italienischen Fiskus war es offenbar ein Dorn im Auge, dass Ponti sein Geld vorwiegend im Ausland anlegte. 1979 wurde er in Abwesenheit wegen Kapitalflucht zu vier Jahren Haft und zehn Milliarden Lire (damals mehr als 20 Millionen Euro) verurteilt. Seine Frau musste 1982 wegen Steuerhinterziehung gar 30 Tage im Gefängnis absitzen. Die Zeit der Schlagzeilen ist aber längst vorbei. Ponti und Loren lebten ein zurückgezogenes Leben. Es war eben eine große Liebesgeschichte - eine Romanze wie im Buch.

Artikel vom 11.01.2007