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Die finsterste EM-Stunde

Anschütz-Thoms und Pechstein blieben ohne Medaille

Klobenstein (dpa). Claudia Pechstein zuckte mit den Schultern, Daniela Anschütz-Thoms platzte der Kragen, im Verband schrillen die Alarmglocken. Die deutschen Eisschnellläuferinnen erlebten in Südtirolihre finsterste EM-Stunde.

Sie sind erstmals seit 33 Jahren ohne Medaille geblieben. Beim Sensationserfolg der Tschechin Martina Sablikova reichte es für Anschütz-Thoms und Pechstein nur zu den Plätzen vier und fünf.
Obwohl die Erfurterin erstmals beste Deutsche wurde, entlud sich die Wut über die Ausgrenzung ihres Trainers Stephan Gneupel durch den Verband. »Hier geht es um Medaillen und mein Welklassetrainer sitzt zu Hause und muss Ergebnisse in den Computer tippen. Er kennt mich seit 15 Jahren, mit ihm wäre mir wohler gewesen«, meinte sie und drohte sogar mit Rücktritt. »Wenn das mit den Streitigkeiten mit dem Verband so weitergeht, muss ich mir sehr überlegen, ob ich noch weitermache. Lust hätte ich schon, aber nicht unter den Konditionen, wie der Verband sich das vorstellt.« Gneupel ist nach der Strukturreform als Diagnosetrainer bei der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft angestellt und durfte als Heimtrainer von Anschütz-Thoms nicht nach Klobenstein.
Die Medaille vergab die Thüringerin durch einen Kufen-Defekt im 500-m-Lauf. Über 1500 m überraschte sie mit Platz drei (1:58,08), über 3000 m wurde sie in 4:08,28 Vierte. Für Titelverteidigerin Pechstein war Platz fünf hingegen enttäuschend. »Ich weiß nicht, woran es lag. Ich bin sauer auf mich selbst«, beklagte sie, nachdem sie selbst über ihre Schokoladenstrecken über 3000 (6.) und 5000 m (3.) nicht überzeugte.
Seit 1983 hatten die deutschen Damen 21 Mal die Europameisterin gestellt. Ob Anni Friesinger, die zu Gunsten der Sprint-WM in Hamar auf die EM verzichtete, Sablikova hätte gefährden können, bleibt fraglich. Die Europameisterin entriss mit dem Freiluft-Weltrekord über 5000 m in 6:58,45 Favoritin Ireen Wüst (Niederlande) den Titel. Wüst, die Friesinger den Freiluft-Weltrekord über 1500 m (1:56,78) nahm, unterlag mit 0,032 Punkten der Tschechin, die auch über 3000 m (4:03,52) und im Vierkampf mit 162,954 Punkten Weltbestmarken setzte.

Artikel vom 15.01.2007