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Schornsteinfegern geht die Arbeit aus

Dezimierte Kehrbezirke in Bielefeld neu aufgeteilt - Innung feiert 125-jähriges Bestehen

Von Gerhard Hülsegge
und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Wenn in Bielefeld demnächst unbekannte Schornsteinfeger an den Haustüren klingeln, ist die sprichwörtliche Angst vorm schwarzen Mann unbegründet. Weil nach 2005 erneut ein Kehrbezirk eingespart wurde, haben sich die Grenzen verschoben.

»Wir haben 50 000 Arbeitswerte, die für uns bislang in Brake, Jöllenbeck und Vilsendorf angefallen sind, an die Kollegen im Kreis Herford abgegeben«, erklärte gestern der Vorsitzende der Kreisvereinigung Bielefeld der Schornsteinfeger-Innung für den Regierungsbezirk Detmold, Jürgen Hoenselaars aus Quelle. 195 000 Arbeitsminuten müssen laut Bezirksregierung für den Bezirksschornsteinfegermeister und einen Mitarbeiter anfallen, um ausgelastet zu sein. Das war im Bielefelder Kehrbezirk 27 (Mitte) zuletzt nicht mehr der Fall. Inhaber Frank Laker hat deshalb zum Jahreswechsel den Bezirk I (Bethel-Gadderbaum) von Uwe Gießelmann übernommen, der nach Bad Oeynhausen wechselte.
Dass die Männer in Schwarz in Bielefelds City immer weniger zu tun haben, liegt einerseits daran, dass immer mehr Haushalte auf Fernwärme umsteigen. Andererseits statten die großen Baugesellschaften wie BGW, LEG und Freie Scholle die Wohnungen ihrer Häuser immer seltener und anders als früher üblich mit einer separaten Wärmequelle aus. »Eine Heizung für 18 Blöcke ist heute keine Seltenheit«, weiß Hoenselaars. Das Messen der Werte ist entsprechend schnell erledigt.
Die verbleibende Arbeit im Kehrbezirk I ist deshalb auf die umliegenden Bezirke aufgeteilt worden. Bei Frank Kempa im Ordnungsamt (der Aufsichtsbehörde) wechselten deshalb gestern etliche Ausweise, Urkunden und Checklisten zur Übernahme von Kehrbezirksaufzeichnungen den Besitzer. In Bielefeld gibt es jetzt insgesamt 27 Kehrbezirke (1992 waren es noch 30). »Die Tendenz ist extrem rückläufig«, sagte Hoenselaars. Einziger Lichtblick ist der Kaminofen-Boom, der seit 1995 anhält. Rund zehn Prozent mehr Rauchschornsteine sind inzwischen auch in Bielefeld zu kehren, weil die Bürger sich mehr und mehr fürs Holz als Energiequelle entscheiden.
Dass bei modernsten Heizungsanlagen die Schadstoffwerte künftig gar nicht mehr oder nur einmal - vom Schornsteinfeger und von den Installateuren (bei der Wartung) - abgelesen und in Rechnung gestellt werden müssen, kann sich Rainer Wulfmeier durchaus vorstellen. Genervte Hausbesitzer und die Europäische Union (EU) sind hier aktiv. »Das Fegen wird aber bleiben, und es wird ein paar Verwaltungsleute mehr kosten, die neutrale Kontrolle sicherzustellen«, meinte der 41-jährige Schornsteinfegermeister aus Löhne, der in Theesen, Jöllenbeck und Schildesche kehrt. »Und die zugelassenen Messgeräte haben nur wir. Ferner müssen wir alle einen Gesellen beschäftigen«, verweist der Pressesprecher der Schornsteinfeger-Kreisvereinigung auf die Vorgabe der Bezirksregierung, die auch dafür sorgt, dass die Kehrbezirke nicht nur stadtweit ausgeschrieben werden.
Deshalb haben auch nur 15 der 27 Bezirksschornsteinfegermeister in Bielefeld hier ihren Wohnsitz. Alle freuen sich unterdessen 2007 auf ein besonderes Jubiläum. Im Juni soll in der Gütersloher Stadthalle das 125-jährige Bestehen der Schornsteinfeger-Innung gefeiert werden. Dazu wird auch eine Festschrift erscheinen.

Artikel vom 11.01.2007