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Stadt mietet
Privatstraße

Baubeginn bereits im Februar

Von Judith Frerick
Harsewinkel (WB). Bereits Anfang Februar rollen die Bagger an: Die europaweit bekannte Unternehmensgruppe »Kirchner« (Bad Hersfeld) baut in Harsewinkel-Marienfeld (Kreis Gütersloh) die erste kommunale Privatstraße Deutschlands.

Die Verträge für die vier Millionen Euro teure Osttangente wurden gestern Nachmittag unterschrieben.
Nur 1,3 Kilometer ist die geplante Straße des kleinen Klosterdorfs lang. Und diese 1,3 Kilometer erregen in der gesamten Republik Aufsehen. Denn: Bisher wurde noch keine Kommunal-Straße über das PPP-Verfahren (Public Private Partnership) abgewickelt. Nur im bayerischen Miltenberg wird derzeit schon über das Land eine Straße von einem »Privaten« gebaut. »Bei uns im Rathaus gibt es in Bezug auf das Pilot-Projekt zahlreiche Anfragen«, bestätigte der allgemeine Stellvertreter der Bürgermeisterin, Heinz Niebur, der die Marienfelder Entlastungsstraße auf einen guten Weg gebracht hat.
Den Weg frei macht Kirchner: »Im November 2007 soll die Straße fertiggestellt sein«, sagte Harsewinkels Bürgermeisterin Sabine Amsbeck-Dopheide gestern dieser Zeitung. Zusammen mit Vertretern der Firma Kirchner unterzeichnete sie gestern im Harsewinkeler Rathaus die Verträge, die eine Vertragslaufzeit von 30 Jahren festlegen (Amsbeck-Dopheide: »Das ist eine eheähnliche Gemeinschaft«).
Und so funktioniert das PPP-Prinzip in Harsewinkel-Marienfeld: Die Unternehmensgruppe Kirchner baut die Marienfelder Entlastungsstraße. Gleichzeitig ist das Bad Hersfelder Unternehmen auch für die Unterhaltung der Straße verantwortlich: Winterdienst, Straßenschilder und Erhaltungsmaßnahmen - für all das muss Kirchner in den nächsten 30 Jahren aufkommen.
Die Stadt Harsewinkel zahlt im Gegenzug eine jährliche Miete an das Unternehmen von 140 000 Euro. In den 30 Jahren bleibt die Osttangente, für die das Land eine Pauschale in Höhe von 2,8 Millionen Euro zahlt, im Besitz der Stadt Harsewinkel.
Das Familienunternehmen Kirchner beschäftigt national und international 1600 Mitarbeiter, der Umsatz lag 2006 bei rund 350 Millionen Euro. In der Bau-Branche ist Kirchner eines der größten Unternehmen Deutschlands, das weitreichende Erfahrungen im Bereich PPP hat. Unter anderem hat Kirchner kürzlich den PPP-Auftrag über den Neubau der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin-Mitte bekommen. Beim europaweiten Ausschreibungsverfahren für die Marienfelder Osttangente hat die Bad Hersfelder Unternehmensgruppe das wirtschaftlichste Angebot abgegeben, das sich auch günstiger darstellte als der Bau über die öffentliche Hand.

Artikel vom 11.01.2007