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NRW verliert Pokerspiel
um Körfer-Nachfolger

Herzchirurg Prof. Haverich bleibt in Hannover

Von Christian Althoff
Bad Oeynhausen (WB). Leibnizpreisträger Prof. Axel Haverich (53) bleibt in Hannover. Er habe kein Interesse mehr, als Nachfolger Prof. Reiner Körfers die Herzchirurgie am NRW-Herzzentrum in Bad Oeynhausen zu übernehmen, teilte er mit.

Damit hat sich Niedersachsen in einem wochenlangen Pokerspiel um den angesehenen Arzt und Forscher gegen Nordrhein-Westfalen durchgesetzt. Auf niedersächsischer Seite hatte sich Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) persönlich in die Verhandlungen eingeschaltet, um Haverich an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) zu halten. Die Staatskanzlei in Hannover triumphierte gestern in einer schriftlichen Erklärung, man habe sich als Wissenschaftsstandort im Wettbewerb gegen Nordrhein-Westfalen durchgesetzt.
»Das Paket, das Niedersachsen mir geschnürt hat, konnte ich nicht ausschlagen«, sagte Haverich. Das Land investiert vier Millionen Euro in Baumaßnahmen, um die Arbeitsbedingungen des Herzchirurgen zu verbessern, und vergrößert seine Klinik um 25 Betten. Und die Stadt hat zugesagt, eine zweite Tagesstätte für Mitarbeiterkinder zu errichten.
Diese Entscheidungsfreudigkeit hatte NRW offenbar nicht zu bieten. Hier wurde seit Wochen um die Schaffung »spezifischer Arbeitsbedingungen« verhandelt, bis zuletzt ohne Ergebnis. »In Niedersachsen habe ich bekommen, was ich in Nordrhein-Westfalen haben wollte«, sagte Haverich.
Die Verpflichtung Haverichs hätte in der Oeynhausener Herzchirurgie möglicherweise einen Kurswechsel um 180 Grad bedeutet. Während hier seit Jahren Kunstherzforschung und -entwicklung vorangetrieben werden (mit Spendengeldern, die Prof. Körfer in der Privatwirtschaft einwirbt), setzt Haverich auf die Züchtung künstlicher Organe (»Gewebe-Engineering«).
Kolportiert wird in Oeynhausen, der Aufsichtsratsvorsitzende des NRW-Herzzentrums, Staatssekretär Dr. Stefan Winter, habe in die Ausschreibung der Körfer-Nachfolge das Gewebe-Engineering aufnehmen lassen, um seinem angeblichen Freund Haverich auf den Posten zu helfen.
Nach der Absage Haverichs wird es nun Gespräche mit Prof. Jochen Cremer geben. Der Direktor der Herzklinik an der Uni Kiel ist die Nummer zwei auf einer Liste von sechs Bewerbern um die Körfer-Nachfolge. Prof. Reiner Körfer wird am 18. Januar 65 Jahre alt. Sein Vertrag läuft zum Monatsende aus. Der Herzchirurg hat aber zugesagt, einer Vertragsverlängerung zuzustimmen.
Das NRW-Herzzentrum ist mit 6000 Operationen jährlich und 1500 Herztransplantationen in nur 17 Jahren weltweit führend.

Artikel vom 11.01.2007