11.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Baldas Technik ersetzt Tastatur

Apples iPhone mit TBK-Touchscreen -ÊHandy Ende 2007 in Europa

Von Bernhard Hertlein
San Francisco/Bad Oeynhausen (WB). Anleger haben erst in New York die Apple-Aktien und dann in Frankfurt die Papiere der Bad Oeynhausener Balda AG gestürmt. Auslöser ist der neue »iPhone«. Mit ihm sollen die Kunden nicht nur mobil telefonieren, sondern sich auch Videos anschauen, Musik hören, E-Mails schreiben und im Internet kommunizieren.

Apple-Chef Steve Jobs kündigte die Neuheit auf der Messe »Mac World Expo« im kalifornischen San Francisco mit großen Worten an: »Wir haben das Telefon neu erfunden.« Tatsächlich ist der Wegfall der Tastatur auf dem künftigen Apple-Handy ähnlich revolutionär wie vor Jahrzehnten der Sieg des Tastentelefons über die Wählscheibe. Apple schafft durch diese Innovation auf dem Handy Platz für ein Breitbild-Display mit einem Durchmesser von knapp neun Zentimetern. Dieser berührungsempfindliche Bildschirm (Touchscreen) ersetzt einerseits die Tastatur und kann natürlich andererseits zur Wiedergabe feststehender oder bewegter Bilder benutzt werden.
Auch wenn sich die Balda-Verantwortlichen auf Grund vertraglicher Absprachen mit Apple gestern offiziell immer noch zur Geheimhaltung verpflichtet fühlten, so steht doch fest: Lieferant der Touchscreens für das iPhone ist das 2006 neu gegründete Joint Venture TBK in Singapur. An diesem Unternehmen halten die Balda-Tochterfirma in Singapur und die chinesische Investorenfamilie Chiang jeweils 50 Prozent. Chiang ist außerdem mit fünf Prozent an Balda Investments Singapore (BIS) beteiligt.
Produziert werden die Touchscreens ausschließlich in einem TBK-Werk in der chinesischen Küstenmetropole Xianmen. Dort wurde eine neue Technologie entwickelt, die die Bildschirme auch bei starker Beanspruchung besser gegen Kratz- und andere Schäden schützt. TBK erhofft sich nach Angaben von Balda-Pressesprecher Cersten Hellmich Folgeaufträge von weiteren Handy-Herstellern und aus verwandten Branchen. Für das Geschäftsjahr 2007 haben die Bad Oeynhausener bereits einen zusätzlichen Umsatz von 300 bis 350 Millionen Euro eingeplant; dies entspricht der Hälfte des TBK-Umsatzes. Das Geschäft werde von Anfang an profitabel sein.
Vor fünf Jahren erst hat Apple mit dem digitalen Musikabspielgerät iPod einen sagenhaften Siegeszug angetreten. Inzwischen wurden von dem kleinen MP3-Player weltweit mehr als 70 Millionen Stück verkauft.
Die zahlreichen Innovationen des neuen iPhone, das von Juni 2007 an zunächst auf dem nordamerikanischen Markt angeboten wird, ließ sich der US-Computerkonzern durch etwa 200 Patente schützen. Neben der in den Touchscreen integrierten Tastatur enthält das Gerät beispielsweise einen Sensor, der erkennt, ob das iPhone gerade zum Telefonieren ans Ohr gehalten wird; in diesem Fall wird der Bildschirm aus Stromspargründen abgeschaltet. Ein anderer Sensor erkennt, ob das Multimedia-Handy hochkant oder quer benutzt wird, um anschließend sofort das Bild auf dem Display entsprechend auszurichten.
Das schlanke iPhone ist nur 1,16 Millimeter dick. Es verfügt über ein vier bzw. acht Gigabyte Speichervolumen und über eine Zwei-Megapixel-Kamera. Das Speichervolumen bestimmt, ob das Handy 499 oder 599 US-Dollar kosten wird. Steve Jobs äußerte gestern die Erwartung, dass Apple schon 2008 mehr als zehn Millionen iPhones verkaufen werde. Der Start auf dem europäischen Markt ist - pünktlich zum Weihnachtsgeschäft für das vierte Quartal 2007 - geplant. Während Apple in den USA exklusiv mit dem Marktführer Cingular kooperiert, stehen die Partner in Europa noch nicht fest.
Neben dem iPhone präsentierte Apple in San Francisco auch ein neues Fernsehgerät, das mit einer 40 Gigabyte-Festplatte auch für die perfekte Wiedergabe von Musik und Videos bestens gerüstet ist. Ursprünglich unter dem Arbeitsnamen iTV entwickelt, kommt Apple TV schon im Februar für 299 Euro auch in den europäischen Handel.
Balda, im vergangenen Jahr deutlich hinter den eigenen Planungen zurückgeblieben, brauchte dringend eine positive Nachricht. Wegen der stagnierenden Nachfrage nach Mobilfunkgeräten in Europa, für die die Ostwestfalen die Gehäuse fertigen, wurde der Abbau von Arbeitsplätzen sowie der Verkauf von Tochterfirmen angekündigt. Während Balda inzwischen für Albea Kunststofftechnik im baden-württembergischen Seelbach einen Abnehmer gefunden hat, steht dies bei der Herforder Tochter Balda Heinze weiterhin aus. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 11.01.2007