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Regierung will Tempo erhöhen

Arbeitsmarktreformen auf den Weg bringen - Klausur des Kabinetts

Berlin (dpa). Die Bundesregierung will die Arbeitsmarkt-Reformen ungeachtet noch erheblicher Differenzen in der großen Koalition rasch auf den Weg bringen. »Wir müssen das Tempo eher erhöhen«, sagte Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) gestern nach der ersten Kabinettsklausur dieses Jahres in Berlin.
Optimistisch: Angela Merkel und Franz Müntefering.

Bei der angestrebten umfassenden Neuordnung des Niedriglohnsektors erwarte er im ersten Halbjahr ein Ergebnis. Es gehe unter anderem um Kombilohn-Modelle, Regelungen für schwer vermittelbare Arbeitslose, Mindestlöhne oder Steuergutschriften für Geringverdiener. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich optimistisch. »Ich glaube, da wird uns was gelingen.« Man müsse allerdings aufpassen, dass nicht Instrumente geschaffen würden, die sich widersprechen.
Die Union hatte mehrfach davor gewarnt, die Entscheidungen über die Arbeitsmarktreformen auf die lange Bank zu schieben. Vertreter von CDU und CSU hatten sich zudem unzufrieden über die Verhandlungen der Koalitions-Arbeitsgruppe zur Neuordnung des Niedriglohnsektors geäußert.
Müntefering forderte Länder und Kommunen zu gemeinsamen Anstrengungen für Investitionen auf, um Wachstums- und Beschäftigungsimpulse zu geben. »Zu tun gibt's da ganz viel.«
Die Koalition plant unter anderem ein Konzept für besonders schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose. Das Thema »soziale Arbeit« soll laut Müntefering im ersten Quartal »so weit diskutiert sein, dass wir daraus Konsequenzen ziehen können«. Ziel sei es, 100 000 Betroffene zu vermitteln. Ob dies schon in diesem Jahr gelinge, sei offen. Es gebe aber zusätzliche Arbeit, die von normalen Handwerksbetrieben nicht erledigt werde.
Absicht sei es zudem, den 200 000 jungen Arbeitslosen ohne Ausbildung eine Chance zu geben. »Das könnte man sehr wohl kombinieren mit einer Idee des Kombilohns.« Staatliche Lohnzuschüsse seien zwar für alle Altersgruppen möglich, aber eine Lösung für unter 25-Jährige sei besonders wichtig. Geprüft würden Kombilohn-Modelle auch für allein erziehende Frauen. Diese seien am Arbeitsmarkt am stärksten benachteiligt. 40 Prozent kehrten nach dem ersten Kind nicht in den Beruf zurück. Die Union ist für Lohnzuschüsse vor allem für ältere und jüngere Arbeitslose.
Müntefering bekräftigte sein Ziel, bis Ende Februar die finanziellen Auswirkungen des SPD-Vorstoßes zu prüfen, Niedriglöhne von Sozialabgaben zu befreien.
Die CDU hatte sich zuletzt zurückhaltend geäußert. Sie hält die SPD-Pläne für eine Steuergutschrift für nicht finanzierbar.
Müntefering geht indes weiter davon aus, dass die Debatte um den Mindestlohn eine wichtige Rolle spielen wird. Tarifliche Mindestlöhne könnten eine Hilfestellung im Kampf gegen Lohndrückerei sein. Der Vizekanzler verwies zugleich auf den Start der »Initiative 50 plus« für ältere Arbeitnehmer zum 1. Mai. Dabei gehe es auch angesichts von 22 000 fehlenden Ingenieuren um mehr Qualifizierung.

Artikel vom 11.01.2007