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Die »Liebste« immer heimlich treffen

Früherer Leiter des Cecilien-Gymnasiums Dietrich Heine im Erzählcafé

Von Ulrich Hohenhoff
(Text und Foto)
Brackwede (WB). Der Name »Zickenpenne« für das Cecilien-Gymnasium stammt noch aus der Zeit, als die Schule ein reines Mädchengymnasium war und die Jungen von benachbarten Schulen sich heimlich mit ihrer »Liebsten« treffen mussten. Erinnerungen an alte Zeiten wurden wach, als Dietrich Heine, ehemaliger Leiter des Cecilien-Gymnasiums, im Brackweder Erzählcafé lebendig und humorvoll aus seinem Leben berichtete.

Die Zeit reichte nicht aus, wollten die Besucher doch am liebsten alles hören, was der »Lehrer aus Überzeugung«, Politiker und Kirchenmann zu erzählen hatte. »Und auch im Ruhestand lässt die Katze das Mausen nicht«, scherzte Heine über sein Engagement an der Kirchlichen Hochschule Bethel. »Dort gebe ich angehenden Theologen Unterricht im Griechischen.« In Bielefeld ist der Vater von vier inzwischen erwachsenen Kindern bekannt als Lehrer, als CDU-Kommunalpolitiker und Presbyter der Kirchengemeinde Babenhausen.
Sein Lebensmotto »Durch viel Arbeit zum Ziel zu kommen« durchzieht das berufliche und private Leben des Pädagogen. 1939 in Berlin-Wilmersdorf geboren, verbrachte er in seiner Kindheit viele Nächte im Keller, erlebte das Bombardement der Stadt hautnah mit. »Da habe ich mächtig Angst gehabt. Aus der Angst heraus habe ich das Beten gelernt.« Seinen Vater, der als Diplom-Ingenieur bei Siemens arbeitete, verschlug es 1943 »aus der gefährlichsten Großstadt in ein kleines Fleckchen im Thüringer Wald.« Dort blieb die Familie bis 1945, floh vor den Russen gen Westen und kam schließlich nach Gütersloh, wo Dietrich Heine seine Schullaufbahn fortsetzte.
»Unsere Lehrerin war damals eine 18-Jährige, die sich mit 52 Kindern herumplagen musste.« Trotz allem habe er eine schöne Kindheit gehabt. In deutlicher Erinnerung ist Dietrich Heine noch die Währungsreform. »1948 bekam jeder ein Startkapital von zehn Mark. Wir lebten bis 1960 in einer von den Engländern erworbenen Baracke.« Als Flüchtling habe er sein Schicksal deutlich gespürt. »Es gab so gut wie keinen sozialen Kontakt.« In den Ferien besuchte Dietrich Heine immer wieder seine Großeltern in Thüringen. »Dort habe ich das System DDR und dessen Auswirkungen kennen gelernt.«
Nach dem Abitur 1958 zog es den jungen Mann zum Studium nach München. »Die schöne Landschaft und das reiche Kulturleben hatten es mir angetan.« Dennoch wechselte Heine immer mal: ein Semester in Berlin, ein weiteres in Münster, dann wieder nach Bayern, bis er 1963 nach Herford kam, schließlich als Referendar in Bielefeld arbeitete, mit 26 Jahren Klassenleiter am Ratsgymnasium wurde. »Zwischendurch« standen die Hochzeit mit »der Frau, die ich aus Schulzeiten kannte«, und die Geburt der vier Kinder auf dem Programm. »Obwohl Ärzte meiner Frau gesagt hatten, sie könne keine Kinder bekommen.«
Als am christlich geprägten Cecilien-Gymnasium die Schulleiterstelle vakant wurde, griff Dietrich Heine zu. 13 Jahre, bis zu seinem Ruhestand, arbeitete er dort. Er liebte die Arbeit mit jungen Menschen, kannte fast alle mit Namen. Als schülernaher und verständnisvoller Direktor war er den ihm anvertrauten Schülern ein zuverlässiger Partner, dessen Wort Gewicht hatte und auf das man sich verlassen konnte.
Die Ausflugsfahrten mit den Schülern gelten als legendär, er fuhr nicht nur ins Schullandheim, sondern auch nach Griechenland oder Rom. »Zudem mussten die Klassen immer wandern, durch den Harz und die Eifel.« Als die Gesamtschule, »in der Griechisch und Latein keinen Platz gehabt hätten«, das dreigliedrige Schulsystem ersetzen sollte, reichte es dem Pädagogen. Er wurde Mitglied der CDU, engagierte sich in Arbeitskreisen und Ausschüssen, wurde Mitglied der Bezirksvertretung Dornberg, kam schließlich in den Rat der Stadt Bielefeld, wurde schul- und kulturpolitischer Sprecher. Seit 1988 ist Dietrich Heine zudem Presbyter in der Kirchengemeinde Babenhausen.

Artikel vom 11.01.2007