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Doppelmörder
soll wieder
getötet haben

Tischler in Untersuchungshaft

Von Christian Althoff
Hiddenhausen (WB). Ein verurteilter Doppelmörder aus Hiddenhausen (Kreis Herford) soll nach seiner vorzeitigen Entlassung aus dem Gefängnis die Geschäftsführerin eines Cafés in Essen ermordet haben. Gestern Abend wurde gegen Ralf G. (44) Haftbefehl wegen Raubmordes erlassen.
Sabine M. wurde am 9. Dezember erwürgt.
Ralf G. steht erneut unter Mordverdacht.

Sabine M. (22) leitete das »Dunkin' Donuts«-Café in der Essener Innenstadt erst seit wenigen Tagen, als sie am 9. Dezember erdrosselt wurde. Offenbar hatte sie Ralf G. beim Diebstahl der Tageseinnahmen von 3000 Euro erwischt. Zeugenhinweise und Spuren am Tatort führten die Mordkommission zu Ralf G. aus Hiddenhausen, der nach seiner vorzeitigen Haftentlassung 2004 nach Weeze gezogen war. Dort lebte er getrennt von seiner Ehefrau (32) und seinen zwei Kindern und war als Hilfsarbeiter in Moers tätig. Ralf G. gestand zahlreiche Einbrüche in »Dunkin' Donuts«-Filialen, will die Frau aber nicht getötet haben.
»Nie hätte ich geglaubt, dass der Mann noch einmal rückfällig werden würde«, erklärte gestern Rechtsanwalt Dr. Holger Rostek aus Bielefeld, der Ralf G. zuletzt verteidigt und ihn bis zu seiner Haftentlassung betreut hatte. Ralf G. war im Sauerland aufgewachsen und bereits im Alter von 18 Jahren als Sexualtäter aufgefallen. Allein im Jahr 1981 fiel er auf offener Straße über fünf Mädchen und Frauen im Alter zwischen zwölf und 21 Jahren her und wendete massive Gewalt an. In vier Fällen blieb es bei versuchten Vergewaltigungen, bei einer 17-Jährigen vollendete Ralf G. die Tat. Im selben Jahr tötete der Heranwachsende seine eigene Schwester Gabi (15). Mit ihr war er in einen Streit um seinen Lebenswandel geraten. Ralf G. erwürgte das Mädchen und vergrub die Leiche in einem Wald.
Seine Jugendstrafe von zehn Jahren wegen Totschlags und Vergewaltigung trat Ralf G. in der JVA Herford an. Er machte eine Tischlerlehre und wurde 1987 vorzeitig aus der Haft entlassen. Zunächst arbeitete G. in einer Herforder Küchenfabrik, später bei einem Küchenhersteller in Bünde. Er zog nach Hiddenhausen und verlobte sich, verschwieg der Frau aber seine Vergangenheit.
Im März 1989 tötete Ralf G. sein zweites Opfer - Gitta M. (29), eine Sekretärin aus Hiddenhausen. Nach den Feststellungen des Landgerichtes Bielefeld vergewaltigte G. die Frau zunächst. Als das Opfer ankündigte, ihn anzuzeigen und auch seine Verlobte zu informieren, schlang Ralf G. der Frau ein Springseil um den Hals und strangulierte sie.
Der Täter wurde gefasst, entkam aber aus der U-Haft, nachdem er sich in einer Wäschekiste aus der JVA Bielefeld hatte schmuggeln lassen. Dreimal wurde er während der Großfahndung von Polizisten gestoppt, die ihn aber nicht erkannten und laufen ließen. Tage später ging Ralf G. der Polizei in Essen ins Netz, als er bei seiner Großmutter unterkommen wollte.
Lebenslang wegen Mordes und Vergewaltigung - so lautete 1990 das Urteil der Bielefelder Richter. Doch Anwalt Holger Rostek ging erfolgreich in Revision und erreichte 1992 eine Verurteilung zu 15 Jahren wegen Totschlags - weil nach Meinung des Bundesgerichtshofes die Vergewaltigung der Frau aus Hiddenhausen nicht zu beweisen war.
Nach etwas mehr als zwei Dritteln der Haft kam Ralf G. wegen einer positiven Sozialprognose im Juni 2004 frei - mit vierjähriger Bewährung. »Unglaublich, dass nicht einmal so eine wandelnde Zeitbombe die Strafe absitzen muss!«, sagte der frühere Verlobte der ermordeten Gitta M.

Artikel vom 10.01.2007