10.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein Mann wurde millionenfach kopiert

Humphrey Bogart ist vor 50 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Film-Karriere gestorben

Von Christoph Driessen
Los Angeles (dpa). Der große Star war so klein, dass er sich zum Küssen auf eine Bank stellen musste. Er hatte schmale Schultern, schütteres Haar und ein Knittergesicht. Aber als Humphrey Bogart vor 50 Jahren, am 14. Januar 1957, auf dem Höhepunkt seiner Karriere mit 57 Jahren starb, war er das Männlichkeitsidol schlechthin.

Die Frauen träumten von ihm, weil sie wussten, dass er in jeder Situation das Richtige tun würde. Er konnte Mustangs reiten und Panzer fahren, operieren und Drinks mixen. Er konnte sogar arbeitslos sein und trotzdem cool wirken. Seine Welt war die Großstadtbar bei Nacht. Dort trank er harte Sachen und schwieg. Wenn er mal etwas sagte, dann war es meist eine lakonische oder zynische Bemerkung. Seine Erkennungszeichen waren die im Mundwinkel hängende Zigarette, der tief in die Stirn gezogene Hut, die im Trenchcoat vergrabenen Hände. In den 40er und 50er Jahren wurde dieser Typ des »Bogartian man« millionenfach kopiert.
Nachdem der Arztsohn auf der Schule versagt hat, meldet er sich zunächst zur Marine und hält sich dann mit Gelegenheitsjobs über Wasser. 1920 bekommt er über Beziehungen seines Vaters einen Job bei einem Theatermanager und darf zwei Jahre später zum ersten Mal auf die Bühne. Ein mühsamer Weg beginnt.
Erst als Mitte der 30er Jahre Gangsterfilme groß in Mode kommen, gehen die Geschäfte etwas besser. Der Durchbruch kommt 1940 mit dem Melodram »Entscheidung in der Sierra«. Erstmals verkörpert er dort den »Bogartian man«, den Zyniker mit romantischen Untertönen.
1942 beginnt Bogart einen Propagandafilm gegen die Nazis. Bei Produktionsbeginn ist das Drehbuch noch nicht fertig, man weiß nicht, ob es ein Happy End gibt. »Casablanca« wird ein gewaltiger Kassenerfolg und bekommt drei Oscars, darunter den für den besten Film. Bogart selbst muss noch bis 1952 warten, ehe er für seine Rolle in »African Queen« seinen einzigen Oscar erhält.
Auch privat kommt die Erfüllung erst spät. Anfang 1944 -- erster Drehtag zu »Haben und Nichthaben«, erster Drehtag überhaupt für Lauren Bacall. Die 19-Jährige ist erst gerade entdeckt worden, und nun steht sie gleich mit dem größten aller Stars vor der Kamera. Sie zittert am ganzen Körper. Schließlich bringt sie heraus: »Haben Sie Streichhölzer?« Bogart wirft ihr ein Päckchen zu. Sie zündet sich eine Zigarette an, sagt danke. Knisternde Spannung, nach nach einem Jahr heiraten sie.
Im Alter von 50 Jahren wird »Bogie« sogar zum ersten Mal Vater. Doch der Familie ist nicht viel Zeit vergönnt - er hat Speiseröhrenkrebs. Abgemagert auf 36 Kilo, raucht er Kette und schlürft seinen Martini. Als ihn am 2. Januar 1957 eine Klatschkolumnistin anruft und nach seinem Gesundheitszustand fragt, erwidert er lässig: »Mir geht's blendend.« Zwei Wochen später ist er tot. John Huston sagt: »Es wird nie wieder einen wie ihn geben.«
Filme in der ARD: »Entscheidung in der Sierra« (12. Januar, 2.55 Uhr); »Casablanca« (14. Januar., 23.30 Uhr).

Artikel vom 10.01.2007