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Die letzten Tage eines Rocksängers

Die »Last Days« sind eine frei interpretierte Lebensgeschichte Kurt Cobains

Nach Filmen wie »My Own Private Idaho« mit River Phoenix und »Elephant«, der den Amoklauf an einer amerikanischen Highschool nachzeichnet, sind viele Kinogänger auf die »Last Days« gespannt, auf das neueste Werk des US-Regisseurs Gus Van Sant.

Diesmal ließ sich der 54-Jährige wieder von einer wahren Geschichte inspirieren. In den »Last Days« erzählt er von den letzten Tagen und Stunden eines Rocksängers. Hauptfigur Blake (Michael Pitt aus den »Träumern«) ist Van Sants frei interpretierte Version des »Nirvana«-Sängers Kurt Cobain, der sich zum Entsetzen seiner Fans 1994 erschoss - ein traumatisches Ereignis für eine ganze Generation.
»Last Days« ist allerdings kein Biopic, keine gefällige Filmbiographie, sondern zähes Experimentalkino, das manchen Zuschauer aus dem Saal vertreiben dürfte. Die langen Einstellungen und die Atmosphäre grausamer Gleichgültigkeit sind schwere Kost. Wer hofft, etwas über das Lebensgefühl der Grunge-Musikszene oder über Cobain zu erfahren, wird enttäuscht. Van Sant hat eine demonstrative Absage an das Mainstreamkino gedreht, die je nach Standpunkt entweder reichlich Stoff für Interpretationen bietet oder einfach nur langweilig ist.
Der Film beginnt mit einer Szene, in der Blake, von Drogen gezeichnet, durch die amerikanische Wildnis taumelt und in einen Fluss uriniert. Danach dämmert der Musiker in einer heruntergekommenen viktorianischen Villa in gelähmter Einsamkeit dem Ende entgegen. Er murmelt Unverstädnliches, wird von Fliegen und einem Vertreter der Gelben Seiten geplagt und versucht, sich in der verklebten Küche noch eine Packung Käsenudeln zuzubereiten. Einmal zielt er mit einer Flinte auf seine schlafenden Mitbewohner - verkleidet wie Elmer Fudd, der Jäger aus den Bugs-Bunny-Comics. Doch ein Blutbad bleibt aus, auch der Selbstmord und die Drogen sind in dem Film nicht zu sehen.
Das Vorleben des Rockstars bleibt der Phantasie des Zuschauers überlassen. Nur an wenigen Stellen wird der Film etwas konkreter, wenn Blake über seine »lange, einsame Reise« singt oder wenn eine Besucherin (Kim Gordon von der Band »Sonic Youth«) ihn an seine Tochter erinnert. »Sagst du ihr, dass es dir leid tut, so ein Rock'n'Roll-Klischee zu sein?« Ein starker Moment, aber für einen starken Film reicht es nicht.

Artikel vom 11.01.2007