11.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kein Engpass bei Bio-Produkten

Nachfrage steigt gewaltig, Angebot stagniert - Zeit der schwarzen Schafe

Von Matthias Meyer zur Heyde und Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). Alle wollen Bio. Allerdings nicht unbedingt den TV-Star, sondern eher die mit dem Bio-Siegel etikettierten Lebensmittel. Die Nachfrage stieg um jeweils 15 Prozent in den Jahren 2004 und 2005 und nochmals um 50 Prozent allein 2006. Bekommt aber der Kunde jetzt überhaupt noch genug dieser gesunden Produkte?

Das war bitter für die Landwirte: Weil die EU keine festen Zusagen über die Höhe der Förderung machte, stoppten die Länder im Jahr 2006 alle Anträge auf Zulassung (und Unterstützung) der Bauern, die von konventioneller Produktion auf Bio umsteigen wollten. Trotz steigender Nachfrage aber und trotz stagnierender Anbieterzahl ist die Bielefelder Bio-Szene optimistisch.
Klar: Engpässe gibt es, aber sie haben - auch - saisonale Gründe. Wer auf Bio-Nahrung schwört, gibt sich nämlich nicht mit Feldsalat, Rosenkohl und Portulak zufrieden. Die kommen jetzt frisch aus deutschen Landen in die Gemüseauslage, aber Gurken? »Die beziehen wir derzeit aus Frankreich«, sagt Amina Schuster, Leiterin des »Dengel«-Markts an der Detmolder Straße.
Und Kartoffeln? Es hieß, sie könnten ab Mitte Januar nicht mehr in ausreichender Menge geliefert werden. »Was Grundnahrungsmittel angeht, müssen unsere Kunden bestimmt nicht vergeblich suchen«, versichert Amina Schuster. Und ideal ist die Zeit für Kräuter, für frisch geernteten Thymian und für Salbei beispielsweise, beides aus Deutschland.
Dennoch mehren sich die Befürchtungen, Bio-Produkte würden knapp. »Dafür kommen drei Gründe infrage: die TV-Kochshows, deren Stars auf regionale Lebensmittel schwören, der Wunsch immer mehr umweltbewusst lebender Menschen nach natürlich angebauten Produkten - und die enorme Nachfrage der Supermärkte.« Angst vor der Billigkonkurrenz? »Nein, wir setzen auf die Kompetenz unseres Personals. Bei uns lassen sich zum Beispiel auch Allergiker gezielt über verträgliche Speisen beraten«, sagt Amina Schuster.
In den großen Märkten, auch in den Discountern, ist die Ware allerdings preiswerter, was an den Mengen liegt, die diese Häuser abnehmen. »Bei uns liegt ausschließlich regionale Ware aus«, sagt Marktkauf-Pressesprecher Tobias Weitzel. Und Annette Bruning, Verwaltungsleiterin der Filiale an der Artur-Ladebeck-Straße, die innerhalb des Konzerns deutschlandweit eine Vorreiterrolle spielt, fügt hinzu: »Wir führen derzeit etwa 2000 Bio-Artikel, von Nudeln bis zum Kaffee, von Molkereiprodukten bis Körperpflege, außerdem Frischfleisch direkt vom Metzgermeister.« Wegen steigender Nachfrage soll das Sortiment sukzessive erweitert werden.
Manche Ketten haben eigene Labels etabliert (»Füllhorn« bei Rewe, »Biowertkost« bei Edeka, »Bio Bio« bei Plus u.ä.). Und alle dürfen das einheitliche Bio-Siegel tragen. Da allerdings kann es Unterschiede geben: Die EU-Verordnung 2092/91 gibt nur einen Mindeststandard vor. »Die acht deutschen Verbände wie Demeter und Bioland stellen ungleich höhere Anforderungen, zum Beispiel an den Tierschutz, und sie limitieren die Zusatzstoffe«, erklärt Bernhard Burdick von der Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf.
Wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin. Aber ob es sich auch um »Verbandsware« handelt, sieht der Kunde dem Produkt nicht an.

Artikel vom 11.01.2007