10.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Neues Endoskop rettet Leben

Im Johannesstift können jetzt Schluckstörungen besser behandelt werden

Von Hendrik Uffmann
Schildesche (WB). Etwa 1000 Menschen werden in Bielefeld jährlich nach einem Schlaganfall behandelt, die Hälfte von ihnen leidet unter Schluckstörungen - mit oft gravierenden Folgen. Um diese Störungen besser feststellen zu können, gibt es in der Neurologischen Klinik des Johannesstiftes nun ein neues Video-Endoskopiegerät (das WESTFALEN-BLATT berichtete).

»Mit dem Gerät werden die Diagnose und die Therapie der Schluckstörungen deutlich verbessert«, sagte Rolf Eickholt von der Geschäftsführung des Evangelischen Krankenhauses Bielefeld (EvKB) gestern bei der Vorstellung des Endoskops. Der etwa 25 000 teure Apparat wurde von der Universität Bielefeld finanziert, die es der Klinik als Dauerleihgabe zur Verfügung stellt. Denn im Bereich der Klinischen Linguistik arbeiten die Hochschule und das Krankenhaus seit 1990 in einer Kooperation zusammen.
Schluckstörungen lassen sich mit dem neuen Video-Endoskop einfacher und genauer feststellen. Nur 3,4 Millimeter beträgt der Durchmesser des Endoskops, das dem Patienten durch die Nase bis in den Rachenraum geschoben wird. Dort lässt sich dann der Schluckvorgang beobachten und filmen.
Dadurch lassen sich viele Probleme, die sonst verborgen blieben, erkennen und behandeln, erläutert Prof. Dr. Peter Clarenbach, Chefarzt der Neurologischen Klinik des Johannesstifts. »Manchmal kommt es vor, dass ein Patient morgens eine Tablette einnehmen soll und sich diese mittags noch im Mund befindet, weil er sie nicht schlucken konnte.«
Doch es gibt noch schlimmere Auswirkungen. Weil Nahrung und Flüssigkeit nicht geschluckt werden können, kann es zu Mangelernährung und Austrocknung der Patienten kommen. Und wenn der Schluckvorgang gestört ist, geraten Speisen in die Luftröhre, was häufig zu einer Lungenentzündung führt - mit manchmal tödlichen Folgen. Clarenbach: »Schluckstörungen sind ein zentraler Aspekt. Wenn die Patienten nicht mehr essen und keine Medikamente einnehmen können, nützen alle anderen Behandlungen nichts.« Außer nach Schlaganfällen kommt es jedoch auch bei Parkinson, bei Multipler Sklerose und muskelerkrankten Patienten zu Schluckstörungen.
Prof. Dr. Gerd Rickheit von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaften der Uni Bielefeld betonte die Bedeutung der Kooperation zwischen Klinik und Hochschule. »Dadurch bieten wir die beste Ausbildung, die es im Bereich der Klinischen Linguistik gibt.« Denn die Studenten absolvieren im Johannesstift ein Praktikum. Somit dient das neue Video-Endoskop der wissenschaftlichen Erforschung der Schluckstörungen. »Es ist auch deswegen am besten geeignet, weil es eine Diagnose bei bettlägerigen Patienten erlaubt und bei solchen, die nicht bei vollem Bewusstsein sind. Dadurch wird auch die Therapie verbessert«, erklärt die Klinische Linguistin Dr. Kerstin Richter.

Artikel vom 10.01.2007