09.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Es gab nicht
viel zu lachen

»Die Bräuteschule 1958« in der ARD

Von Bettina Grachtrup
ARD, 18.50 Uhr: »Jetzt mal ein bisschen Tempo. Wir wollen hier Hochglanz bringen!« Oberlehrerin Antje Limbrock treibt die drei jungen Frauen an, die den Boden wienern, die Fenster putzen und das Sofa ausklopfen.

Zu lachen haben die Mädchen wenig, und Widerworte sind nicht erwünscht in der Hauswirtschaftsschule anno 1958. »Die Bräuteschule 1958« heißt das Fernsehprojekt, bei dem sich Menschen von heute auf eine Reise in die Vergangenheit begeben. Zehn Schülerinnen zwischen 17 und 23 Jahren sollen zu »respektablen Ehefrauen« erzogen werden. Wie es ihnen dabei ergeht, ist von heute an in 16 Folgen dienstags bis freitags zu sehen.
Schauplatz der neuen »Living History«-Serie ist das abgeschiedene Soonwaldschlösschen bei Mengerschied im Hunsrück. Hier lernen die Mädchen sechs Wochen lang das Kochen, Bügeln, Waschen, Putzen, Tanzen und Benehmen - und zwar so, wie es vor 50 Jahren üblich war. Übernachtet wird in Drei-Bett-Zimmern. Die Frauen tragen graue, lange Kleider. Im Salon stehen Nierentische und ein Dampfradio, im Regal Titel wie »Die Frau und ihre Welt«. Die Gemeinschaft zählt mehr als die eigene Freiheit. Die Lehrerinnen sind die Autoritäten und Frauen den Männern untergeordnet.
Mit der »Bräuteschule« will die ARD an den Erfolg anknüpfen, den sie vor vier Jahren mit dem »Schwarzwaldhaus 1902« hatte, obwohl einige der nachfolgenden Projekte nicht mehr so viele Zuschauer vor den Bildschirm lockten. »Das Jahr 1958 ist etwas näher am Publikum dran. Durch Erzählungen von Eltern und Großeltern kennt man die Zeit«, meint ARD-Sprecher Burchard Röver.
»Frau Direktor« der Bräuteschule ist Barbara Dittrich. Sie unterrichtet auch im wirklichen Leben an einer Hochschule angehende Lehrer im Fach Haushalt/Textil. »Das war kein Spiel: Ich war hier 24 Stunden am Tag beschäftigt«, erklärt sie. Viele der Ansichten aus den 50er Jahren hält sie für überholt, einige für sinnvoll. Wer seinen Haushalt im Griff habe, könne - damals wie heute - Geld und Zeit sparen. Oberlehrerin Antje Limbrock will den jungen Frauen ein paar Werte vermitteln.
Leicht ist das Leben in der »Bräuteschule« nicht. Die Mädchen erzählen von schauerlichen Momenten - als beispielsweise Zunge und Kuhmagen auf dem Speiseplan standen und auch gegessen werden sollten. Die Bräuteschule habe sie stärker gemacht, bilanziert Maike. Das heutige Leben sei sehr viel einfacher.

Artikel vom 09.01.2007