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Anklagen nach Schulbusunfall

Drei Männer kommen wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht

Von Christian Althoff
Vlotho (WB). Ein Jahr nach einem Schulbusunfall in Vlotho (Kreis Herford) hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld Anklagen gegen drei Männer erhoben.
Heiner Hoberg wies gestern jede Schuld von sich.

Der Inhaber des Vlothoer Busunternehmens, der Fahrer sowie ein Kfz-Meister sollen sich wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht verantworten.
55 Schülerinnen und Schüler des Vlothoer Weser-Gymnasiums saßen am 20. Dezember 2005 in dem Bus, als auf einer stark abschüssiger Straße die Bremsen versagten und der Fahrer auch nicht mehr vom dritten in den zweiten Gang hinunterschalten konnte. Bevor der Bus eine vielbefahrene Kreuzung erreichte, hatte Fahrer Siegfried T. (78) aus Kalletal das Steuer geistesgegenwärtig nach rechts herumgerissen und ein Technikhäuschen der Stadtwerke gerammt. Die meisten Jugendlichen waren mit Prellungen und Schocks davongekommen, eine Schülerin hatte einen Armbruch erlitten. Aushilfsfahrer Siegfried T. war damals als Held gefeiert worden, weil er mit seinem Lenkmanöver Schlimmeres verhindert hatte.
Wie Oberstaatsanwalt Reinhard Baumgart gestern erklärte, hätten Sachverständige der Dekra nach dem Unfall massive Mängel an dem 16 Jahre alten MAN-Bus festgestellt: »Von den vier Bremsen funktionierten zwei überhaupt nicht, und die dritte nur zu 50 Prozent.« Dieser Bremsdefekt sei dem Fahrer bereits am Tag zuvor aufgefallen. Der Bus war daraufhin in die Werkstatt von Rainer S. (54) nach Rinteln gebracht worden. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft soll Busunternehmer Heiner Hoberg (45) dem Kraftfahrzeugmeister damals erklärt haben, der Bus müsse »morgen wieder fahren«. Daraufhin soll Rainer S. auf eine grundlegende Reparatur verzichtet und lediglich die Bremsmechanik geschmiert haben.
»Wir werfen dem Werkstattmeister vor, den Bus mit defekten Bremsen zurück in den Straßenverkehr gelassen zu haben«, sagte Oberstaatsanwalt Reinhard Baumgart. Fahrer Siegfried T. soll sich strafbar gemacht haben, weil er den defekten Bus gelenkt hat: »Nach Angaben der Dekra muss der Fahrer weit vor der abschüssigen Straße bemerkt haben, dass die Bremsen am Vortag nicht repariert worden waren«, sagte Baumgart. Busunternehmer Heiner Hoberg muss vor Gericht, weil er von alledem gewusst haben soll.
Hoberg sagte gestern, die Anklageerhebung überrasche ihn: »Ich hatte damals die Reparatur der Bremsen in Auftrag gegeben und war davon ausgegangen, dass der Bus am nächsten Morgen wieder in Ordnung sein würde.« Er weise seine Fahrer immer wieder an, die Busse im Zweifelsfall stehenzulassen. »Wir haben genügend Ersatzfahrzeuge auf dem Hof stehen. Der Fahrer hätte bei dem ersten Anzeichen einer defekten Bremse anhalten und mich anrufen müssen.«
Der Prozess gegen die drei Angeklagten soll vor dem Amtsgericht Bad Oeynhausen stattfinden. Der Termin für die Verhandlung steht noch nicht fest.

Artikel vom 09.01.2007