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Ein geschickter Schachzug

Mit Heynckes-Helfer Jos Luhukay soll es für Gladbach nach oben gehen

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Mönchengladbach (WB). Es wird mit einem Hauen und Stechen beginnen. Das Kellerduell in Cottbus zum Rückrunden-Auftakt: Borussia Mönchengladbach sollte im Stadion der Freundschaft am 27. Januar keine Nettigkeiten erwarten.

Als Favoriten fahren die Rheinländer bestimmt nicht in die Lausitz, und wenn sie sich auch im Spreewald verlaufen, geht der Vergnügungswert der Heimreise wieder einmal gegen null. Die Fans haben sich schon geholfen. T-Shirts mit der Aufschritt »Auswärtsdepp« gehören zur Ausrüstung für den hart gesottenen Borussia-Anhänger auf seinen meistens trübseligen Abstechern durchs Land.
Mochte das 1:1 beim FC Bayern auch für Erstaunen gesorgt haben und war das gleiche, beim HSV erzielte Resultat ein Hoffnungsschimmer, so muss Borussia doch befürchten, einen hohen Preis für die chronische Siegesschwäche in fremden Stadien entrichten zu müssen. Zumal inzwischen auch die anfängliche Heimstärke im Borussia-Park wie weggeblasen ist.
Ein Trainer-Rauswurf zu Weihnachten hätte niemanden überrascht. »Ich bin lange genug dabei, um zu wissen, wie das Geschäft funktioniert«, sagte Jupp Heynckes (61). Manche nahmen an, er würde die Brocken von selbst hinwerfen, aber diesen Gefallen tat er seinen Kritikern noch nicht.
Auch die 1:2-Niederlage in Bochum, die ausgerechnet zum Hinrunden-Abschluss den erstmaligen Sturz auf einen Abstiegsplatz in dieser Saison verursachte, entnervte den Trainer nicht. »Amtsmüde? Das ist Blödsinn«, trat Heynckes nach dem Abpfiff der Spekulation über die Kapitulation entgegen. Die Gladbacher palaverten am anderen Morgen trotzdem sechs Stunden darüber, was zu tun sei. Und sie kamen im neuen Jahr mit einem ziemlichen Paukenschlag um die Ecke.
Der Chef bekommt einen Unterchef. Der ehemalige Paderborner Trainer Jos Luhukay hatte zuvor mehrere Anfragen abgelehnt, woanders wieder Bank-Boss zu werden. Dem Ruf der Borussen folgte er und findet an der Rolle des zweiten Mannes nichts Schlimmes. Er ist ja auch nicht zum Bälleaufpumpen eingestellt worden, sondern soll auf dem Übungsgelände seine Fähigkeiten einbringen.
Dies ist ein geschickter Schachzug, wohl überlegt und weitsichtig. Sollte sich in der Tabelle nicht bald etwas zum Besseren wenden, wäre eine mögliche Trennung von Heynckes sicher nicht mehr mit einer Zeit kostenden Nachfolgersuche verbunden, dann müssten die Mönchengladbacher nur schnell Jos Luhukay befördern. Bevor er Heynckes beerbt, und so soll es im Plan für die Zukunft ohnehin vorgesehen sein, versichert der 43-Jährige dem 18 Jahre Älteren seine Solidarität: »Ich bin ein Teamarbeiter, loyal und kann von ihm eine Menge lernen.«
Dem Altmeister wurden ein paar Probleme im Umgang mit der Mannschaft nachgesagt, auch Aufstellungen und Umstellungen sorgten im Umfeld oft für Kopfschütteln. Luhukay passt da jetzt mit auf. Heynckes meint allerdings, dass er die Abwärtsentwicklung nach dem passablen Start mit vier Heimsiegen schon früh am Horizont aufziehen sah: »Da bin ich zu meinem Präsidenten gegangen und habe ihn darauf hingewiesen, was passieren kann, wenn einige Leistungsträger ausfallen oder so wie Oliver Neuville nicht in bester Form sind.«
Es kam noch ärger als angenommen. Ob die Aussichten bald wieder freundlicher sind, wird sich schon in Cottbus zeigen. Energie ist 15., Gladbach folgt mit einem Platz und zwei Punkten Abstand. Verlieren ist da wohl verboten.
Nächste Folge morgen: Cottbus begann stark und ließ stark nach.

Artikel vom 09.01.2007