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Kindergarten ersetzt nicht die Familie


Zum Artikel »Die Rasselbande« erreichte uns folgende Leserzuschrift:
Die AWO richtet einen Kindergarten in der alten Schweinehalle eines Schlachthofes ein! Das klingt doch wirklich nach dem Ort, an dem man seinen Nachwuchs gerne unterbringt, oder?
Haben die Verantwortlichen denn jegliches Gefühl für die Symbolhaftigkeit eines solchen Vorhabens verloren?
Aber wenn in Kirchen auch Restaurants eröffnet werden können, was soll dann gegen Kleinkindbetreuung in alten Schlafthöfen eingewandt werden, wir sind doch schließlich innovativ, flexibel und bloß nicht konservativ, nicht wahr?!
Noch mehr Bauchschmerzen bereitet mir allerdings das »Angebot«, mit dem da geworben wird. An erster Stelle scheint hier eine praktisch uneingeschränkte Betreuungszeit der Kinder zu stehen. Wir sollten nicht vergessen, dass der Kindergarten eine Bildungseinrichtung ist, die familienergänzende und nicht familienersetzende Funktion hat.
Es wird immer wieder die Not betont, welche die Eltern hätten, Familie und Beruf zu vereinbaren. Meiner Meinung nach befindet sich unsere Gesellschaft auf einem Irrweg, wenn wir glauben, mit dieser Art der »Kinderaufbewahrung« werde man Eltern und Kindern gerecht. Wir sind dabei, die Familie als Ort der Geborgenheit und des sozialen Miteinanders aufzulösen und glauben, die Mutter- und Vaterrolle könne problemlos auf Fachkräfte übertragen werden.
Das Motto »Geht nicht, gibt's nicht«, welches sich der Kindergarten »Rasselbande« gegeben hat, zeigt meiner Meinung nach deutlich, wie Realitäten geschaffen werden, die völlig an den wirklichen Bedürfnissen der Kinder vorbei gehen. Babys und Kleinkinder brauchen die Nähe ihrer Eltern und Kinder haben um 21 oder 22 Uhr im Kindergarten nichts mehr verloren, von Übernachtungen mal ganz abgesehen! Wenn das nicht mehr möglich ist, bedeutet dies den sozialen Bankrott unserer Gesellschaft! Eltern, Erzieher, Politik und Wirtschaft sollten sich wirklich fragen, ob wir so unsere sozialen Probleme zu lösen gedenken oder ob hier nicht dringend umgedacht werden muss.
KAI DIECKMANN, Erzieher33609 Bielefeld

Artikel vom 09.01.2007