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Kugelstoß-Kraftprotz an der Kaffeemühle

Oliver-Sven Buder kurbelt für die Segelkarriere

Valencia (dpa). Im Ring entschied der beste Stoß, an Bord geht's um den richtigen Dreh: Als Kraftprotz an der »Kaffeemühle« kurbelt der ehemalige Kugelstoßer Oliver-Sven Buder an seiner Segel-Karriere.

Seit Mitte Oktober schwitzt der bullige Sachse im Fitness-Studio an den Geräten und quält sich als Grinder (Segelsetzer) beim Training vor Valencia an Bord der »Germany I«. Ein Knochenjob, aber Buder will Mitte April unbedingt zum ersten deutschen Team in der 156-jährigen Geschichte des America's Cups gehören. Und seine Chancen stehen gut.
»Früher im Kugelstoßring brauchte ich rohe Kraft und nur anderthalb Sekunden für einen Stoß. Als Grinder muss ich jetzt für vier bis fünf Stunden Kraft, Ausdauer und Konzentration mitbringen«, erklärte Buder (40) vor dem gestrigen Trainingsauftakt. Der 14. Deutsche in der 27-köpfigen Crew von Skipper und Steuermann Jesper Bank legt sich für seine zweite Karriere als Sportler mächtig ins Zeug: »Das ist knallhart. Wir trainieren von Montag bis Samstag, sind täglich von morgens halb acht bis abends halb acht auf den Beinen.«
Zum Segeln kam Buder wie die Jungfrau zum Kind: Drei Jahre nach seinem letzten Kugelstoß-Wettkampf im Juli 2003 nahm ihn sein Freund Jan, ein passionierter Segler, zu einem Ausflug nach Valencia mit. Er habe dort mal beim Team Germany vorbeigeschaut - »aber mehr als Tourist, ohne Hintergedanken. Das hätte auch ein Formel-1-Rennen sein können«, versicherte der Olympia-Fünfte und zweimalige WM-Zweite im Kugelstoßen mit einer Bestleistung von 21,47 Metern.
Mit seinen zwei Metern und damals 156 Kilo konnte sich der Hüne auch vor Jesper Bank nicht verstecken: Der Däne überredete den Deutschen beim German Sailing Grand Prix im August 2006 in Kiel zum Probetraining. Skipper Bank wollte »mal sehen, wie sich der Bursche anstellt«, der vor acht Jahren auf der Außenalster zum ersten Mal die Planken eines Bootes unter den Füßen hatte.
Und der Bursche machte seine Sache gut. Deshalb will ihn Bank an Bord der »Germany I« haben, wenn am 16. April die Herausforderer-Serie zum 32. America's Cup startet. Jeweils zwei Muskel-Männer bedienen die fünf so genannten Coffee-Grinder (»Kaffeemühlen«), um die Segel der Hightech-Hochsee-Yacht zu setzen, zu trimmen oder wieder einzuholen. »Wir Grinder sind der Motor der Yacht«, meint Buder, »je schneller wir die Segel setzen, desto eher kann Jesper hinten Gas geben.«
Beim letzten Fitness-Test war Buder viertbester deutscher Grinder, im März will er die Nummer 1 sein. »Ich schaffe das!« Buder hat das Ziel vor Augen, und er spürt, dass es Tag für Tag aufwärts geht. Abwärts soll es nur mit dem Gewicht gehen. Die überflüssigen Kilos sind derzeit die größte Herausforderung für den ehemaligen Drei-Zentner-Mann, der nach dem Ende seiner Leichtathletik-Karriere drei Jahre lang keinen Sport mehr betrieben und sich nur um seine Firma (Sportevent-Management) gekümmert hat.
Mit 146 Kilo war Buder an Bord gekommen. »Vor Weihnachten hatte ich 133 Kilo auf der Waage. Das Ziel sind 120 bis 125 Kilo«, sagte der Kurbler, dem das Abspecken während des Weihnachtsurlaubs schwer fiel. Seine Maxime: »Leicht, aber immer noch kräftig.« Doch nach 23 Jahren Leistungssport weiß Buder: Es fällt nicht leicht, kräftig zu sein.

Artikel vom 09.01.2007