06.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Keine Tabus in bevölkerungspolitischen Fragen

Renommierter Soziologe Prof. Franz-Xaver Kaufmann aus Bielefeld erhält den Schader-Preis

Bielefeld (WB/mzh). Der Bielefelder Soziologe Prof. Franz-Xaver Kaufmann erhält den mit 15 000 Euro datierten Schader-Preis. Damit wird die praxisorientierte Forschung des 74-jährigen Wissenschaftlers gewürdigt.

Kaufmann, der am 22. August 1932 in Zürich geboren wurde, lehrte seit ihrer Gründung 1969 an der Universität Bielefeld, wo er noch heute ein Büro hat - und in der Jury des Wissenschaftspreises sitzt. Sein Augenmerk richtete er auf die Theorie der Sozialpolitik und des Wohlfahrtsstaates, auf die Entwicklungen der Sozialpolitik, auf Familienpolitik und Religionssoziologie. Im Herbst 1997 wurde Kaufmann emeritiert. Die Schader-Stiftung ehrt einen Wissenschaftler mit großer internationaler Ausstrahlung, der sich als politischer Berater und klarer Diagnostiker gesellschaftlicher Zeiterscheinungen hervortut, »fundiert und sachlich einmischt«, wie es in der Begründung heißt. Der Preis wird am 10. Mai in Darmstadt vergeben.
Kaufmann wirkt seit 2005 im Beratergremium des »Forums Demographischer Wandel« des Bundespräsidenten an. In seinen Vorträgen hat er sich wiederholt dem Zusammenhang zwischen wohlfahrtsstaatlicher und Bevölkerungsentwicklung gewidmet. Als Sozialwissenschaftler mit Blick für die großen Zusammenhänge erhob er stets den Anspruch auf Mitsprache der Soziologie bei der Definition sozialpolitischer Probleme. Kaufmann zufolge werden Bevölkerungsfragen in Deutschland aufgrund der NS-Bevölkerungspolitik heute immer noch politisch tabuisiert.
Kaufmann greift weiter aus: Deutschland investiere zu wenig in das Humankapital der nachwachsenden Generationen. Daher müsse das Land auch in kommenden Jahrzehnten mit einer Stagnation des Wirtschaftswachstums und verschärften Verteilungskonflikten rechnen.
Franz-Xaver Kaufmann studierte Jura, Wirtschaftswissenschaften und Soziologie in Zürich, St. Gallen und Paris; 1968 habilitierte er sich in den Fächern Soziologie und Sozialpolitik an der Uni Bielefeld. Von 1979 bis 1983 war er Direktor am Zentrum für interdisziplinäre Forschung, bevor er die Leitung des Instituts für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik an der Hochschule übernahm.
Seine pragmatische Sichtweise der Sozialpolitik führte zu einer Fülle von Gutachter-, Berater- und Kommissionsmandaten. Kaufmann gilt als einer der führenden, empirisch orientierten Soziologen im deutschsprachigen Raum und hat wesentlichen Anteil an der Stärkung der pragmatisch angelegten Sozialpolitik.

Artikel vom 06.01.2007