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Mut haben und es einfach tun

Anette Hasenheit: Vor fünf Jahren Existenzgründerin, jetzt Arbeitgeberin

Von Michael Diekmann
und Hans-Werner Büscher (Fotos)
Bielefeld (WB). »Maßanfertigung liegt voll im Trend«, sagt Anette Hasenheit (46). Die Schneiderin kennt ihre Kundinnen - und deren spezielle Vorlieben, wenn es um chice Kleidung geht. Im Atelier an der Teutoburger Straße wird geändert, entworfen, genäht, werden Muster gefertigt. Seit diesem Jahr sogar mit einer Mitarbeiterin. Grazia DeFazio (39) hat eben ihren Job angetreten.

In dem kleinen Geschäft mit der angrenzenden Nähstube türmt sich die Arbeit. Kundenaufträge hängen sortiert auf Garderobenständern. Zu detailgenauen Schnittbögen hat Anette Hasenheit die entsprechenden Stoffballen gelegt. Jedes für sich Auftrag einer Kundin für eine Extraanfertigung. Wie so etwas aussieht, hängt als Foto an der Pinnwand. Ein rotes Abendkleid, gerade erst ein Brautkleid. Viele Frauen legen Wert auf Individualität, weiß die Schneiderin, lassen sich Blazer oder Hosen auf den Leib schneidern. Die Vielzahl der Stammkunden ist auf diese Weise stetig weiter gewachsen, freut sich die Bielefelderin, die ganz nebenbei auch noch - wie es in der Fernsehwerbung heißt - ein »kleines erfolgreiches Familienunternehmen« leitet.
Ehemann Wolfgang, selbst gelernter Schneider, sowie die Töchter Sarah (17) und Larissa (12) gehören ebenso zum eingespielten Team. Damals vor fünf Jahren musste sich alles erst arrangieren, erinnert sich die Existenzgründerin. Zwischen Haushalt, Schularbeitenbegleitung, Einkauf und Hausputz hatte sie eben ihr Comeback im Berufsleben gestartet. Das alte Ladenlokal an der Teutoburger Straße renovierte sie selbst. Bruder Thorsten half tapezieren, der Schwiegervater baute Wandregale für die Nähspulen.
Genäht wird bis heute auf Dürkopp-Industriemaschinen. Bielefelder Wertarbeit eben. Das weiß auch Grazia De Fazio. Die gelernte Näherin kommt auch von Lange. Allerdings hat sie eben sechs Jahre Mutterschutz hinter sich. Jetzt sind die Kleinen in Kindergarten und Grundschule. »Ich bin sehr glücklich über die Chance hier«, betont die junge Frau. Ihr größter Wunsch war genau diese Rückkehr in den Job, allerdings für eine alleinerziehende Mutter, Näherin mit zwei Kindern, fast unmöglich: Keine Chance. Teilzeit schon gar nicht.
»Wer die Situation aus eigener Anschauung kennt, hat es da leichter«, erklärt Anette Hasenheit. Von Montag an, wenn offiziell das kleine Fünfjährige gefeiert wird, näht das kreative Duo als Auftragsfirma für heimische Kollektionen die Muster. Den weiteren Erfolg bringt die Zukunft, ist die Chefin überzeugt. Die besondere familiäre Atmosphäre in dem kleinen Betrieb spürt man schon beim ersten Besuch. Eine kleine Erfolgsgeschichte am Stadtrand.

Artikel vom 06.01.2007