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Gebt den Sinnen, den Augen genießbare Kost


Die Klassik neu beleben: Fangt doch getrost zum Beispiel mit »Idomeneo« an!


Kunst und Kultur sollten wieder stärker unbeschwertes Genießen ermöglichen, meint dieser Leser:
Gebt uns die Klassik zurück! Das wünschen sich ganz sicher viele, viele Menschen.
Wohl dem, der die Werke derer, die begabter waren oder sind als er selbst, unbeschwert genießen kann. Wohl auch dem, der solche Werke dem Genießer so präsentiert, dass dieser beschwingt oder beseelt nach Hause geht, weil er die Gabe des Begabten so empfangen konnte, wie dieser sie dem Publikum nahebringen wollte. Es gehört auch Begabung dazu, die bedeutenden Werke anderer so darzubieten, dass man sie nachempfinden kann.
Das geht aber nur mit Bescheidenheit. Im unbewussten Gefühl eigenen Unvermögens tut manch einer der heute Inszenierenden dem Werk des Genies Gewalt an: Er drückt ihm einen eigenwilligen, ja, sogar exzessiven Stempel auf. So entblößt er sich und offenbart seine mindere Begabung, die er ja gerade überschreien wollte. . . 
Es ist leider so, dass die Menschen heute mehr von ausgefallenen Modeerscheinungen als vom Beständigen fasziniert sind. Wer macht sich schon Gedanken darüber, warum uns die klassischen Werke trotz der weit zurückliegenden Entstehung immer wieder aufs Neue faszinieren?
Es ist nicht das Ausgefallene, sondern die Harmonie, unbeschwerte Heiterkeit und besinnlicher Ernst nehmen uns ein. Dazu gehört aber auch, dass man seiner Zeit entsprechende Vorstellungen der Schöpfer respektiert, ihnen gerecht wird und sie in passendem Rahmen wiedergibt.
Also: Gebt den Sinnen, auch den Augen, genießbare Kost! Lasst endlich ab von aufputschenden Exzessen, von überheblicher Stilwidrigkeitsmanie, vom unbeseelten Ambiente! Gebt uns die Klassik zurück! Ja, fangt getrost zum Beispiel mit »Idomeneo« an. . . !

REINER FLEMMINGBad LippspringePer E-Mail

Artikel vom 15.01.2007