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Schlimmer als Stalins
oder Maos Herrschaft

Saddams Taten wollte niemand wahrnehmen

Personenkult um Saddam Hussein - solange er an der Macht war.

Zur Hinrichtung Saddam Husseins:
Die Hinrichtung Saddam Husseins, die in der Welt so unterschiedliche Reaktionen findet, weckt in mir einige sehr persönliche Erinnerungen:
Ich war Mitte der 1980er Jahre auf einer ausgedehnten Geschäftsreise im Irak. Dabei lernte ich nicht nur wie bei einer Touristenreise Hotels und einige Sehenswürdigkeiten (zum Beispiel Babylon) kennen, sondern auch zahlreiche Betriebe, staatliche Behörden und Privatwohnungen deutscher und irakischer Geschäftspartner in Bagdad und Basra.
Mein Eindruck von der Schreckensherrschaft Saddams und seiner Baath-Partei war so niederschmetternd, wie ich es im Vergleich nicht einmal in Stalins Sowjetunion oder in Maos China erlebt habe: die massenhafte Verschleppung von Kindern missliebiger Bürger, ein geradezu irrwitzig übersteigerter Personenkult (in jedem Zimmer eines Büros musste an allen vier Wänden ein Porträt Saddams aufgehängt werden) und vieles Bedrückende mehr. Niemand traute sich aus Angst vor den allgegenwärtig installierten Abhöranlagen auch nur, seinen Namen auszusprechen.
Aber dass Saddams Folterknechte willkürlich ungezählte Menschen auf den Straßen einkassierten und dass sein Krieg gegen den Iran und gegen Kuwait Hunderttausende das Leben kostete - all das hat die Welt damals doch kaum zur Kenntnis genommen, beziehungsweise nehmen wollen: nicht die Regierungen, nicht die Politiker, nicht die Kirchen und nicht die vielen Gutmenschen, die sonst doch über alles und jedes reden und schreiben, ohne je einen persönlichen Eindruck von den Dingen zu haben.
Ein interessantes kleines Erlebnis auf dem Weg zum Bagdader Flughafen am Ende meiner Reise. Plötzlich wurde mein Taxi von der Polizei in ein abgezäuntes Gelände gelenkt und zu endloser Wartezeit verurteilt. Der Grund: Auf unserer Straße fuhren Saddam Hussein und der König von Jordanien ebenfalls zum Flughafen, direkt an uns vorbei in einem Konvoi von etwa 20 schwarzen Mercedes-Limousinen und vielen Polizeimotorrädern. Kommentar meines Taxifahrers bei diesem Anblick: »In der Hölle soll er schmoren!« Ich war mehr als froh, dieses Land so schnell wie möglich wieder zu verlassen.
DR. ALFRED ZUBLER33659 Bielefeld

Artikel vom 15.01.2007