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Wandern auf alten Waalwegen
Entlang der typischen Südtiroler Mini-Kanäle beschaulich spazieren gehen
Südtirols Mini-Kanäle versorgten einst die Obstgärten mit Gletscherwasser aus den Bergen - heute spazieren Wanderer auf den daneben angelegten Waalwegen.
Diese kleinen, von Bauern kilometerlang in Berghänge gegrabenen Kanäle sind eine Südtiroler Spezialität im Vinschgau und rund um die Stadt Meran. Sie eignen sich besonders für beschauliche Wanderungen in gesunder Bergluft unter schattigen Bäumen. Hübsche Ausblicke auf eine mit Dörfern und Burgen bereicherte Landschaft und gemütliche Jausenstationen sind inklusive.
Im Spätsommer und Herbst, wenn sich die Kastanien gelb und die Lärchen rot färben, ist eine gute Zeit für diese Wanderschaften.
Der Vinschgau und das Meraner Land litten früher unter einer argen Wassernot, was den Apfelbäumen und Reben nicht gut bekam. Also griffen die Bauern mit Pickel und Schaufel zur Selbsthilfe und bauten sich eine eigene Wasserversorgung. Die Waale - vermutlich vom romanischen »Aquale« oder keltischen »Bual« (Wasser) abgeleitet - hatten ihre eigene Ordnung, um die sich der Waalhüter kümmerte. Ein besonderer Beruf, denn immerhin gab es noch vor hundert Jahren 370 Waale mit knapp 1000 Kilometern.
Nicht nur der Bau der Holz- und Erdrinnen, auch die Pflege der Anlagen im Fels und auf Steilhängen, wo ständig Steinschläge drohten, waren oft ein lebensgefährliches Unternehmen. Wenn das Wasser nicht mehr lief und drunten im Tal die südliche Sonne in die Felder brannte, mussten die Männer sofort hinauf, um die Schadensstelle zu suchen und den Waal wieder in Fluss zu bringen - notfalls auch nachts. Manch einer verlor dabei sein Leben.
Moderne Beregnungsanlagen machten die alten Waale irgendwann überflüssig. Sie wurden zum Teil aufgelassen oder zugebaggert, bis man sie pIötzlich wieder brauchte. Touristikstrategen und Naturschützer gingen daran, die Kanäle auszubessern oder wenigstens die Wege neben den »Trockenbächen« wieder instand zu setzen. Nicht ganz 40 Waale, insgesamt etwa 200 Kilometer, sind von einem 1000 Kilometer langen Netz übrig geblieben und nun wieder begehbar. Alfred Preißer

Artikel vom 20.01.2007