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Dann tauchte Aphrodite auf

Düsseldorfer Restauratoren-Ehepaar arbeitet im alten Bauernhof

Düsseldorf (dpa). Hinter der schlichten Fassade des 300 Jahre alten Bauernhauses öffnet sich eine bunte Welt: Hier haben sich die Künstler und Restauratoren Maria und Ludwik Dauksza ein Zuhause wie ein belebtes Museum geschaffen.

Zwischen Blattgold und Bauernblumen, Siebdruck und Stillleben, hochkarätig und banal: Die diplomierten Restauratoren leben zwischen wertvollen Ölgemälden bekannter Meister und selbst gemalten Bildern. Ein Leben für die Instandsetzung - das kreative Durcheinander im Atelier der Daukszas gibt dafür den passenden Rahmen ab: Aufgabe von Restauratoren ist es, das Kunst- und Kulturgut sachgerecht zu bewahren und dabei seine materielle, kunsthistorische und ästhetische Bedeutung zu berücksichtigen. »Wir sind ein bisschen wie Ärzte für die Kunst. Und es macht stolz, wenn die Operation gelungen ist«, sagt Maria Gembala-Dauksza, die wie ihr Mann das diffizile Handwerk an der renommierten Kunstakademie von Krakau erlernt hat.
3400 Restauratoren mit akademischem Abschluss sind deutschlandweit im zentralen Verband der Restauratoren e.V. organisiert, davon 600 aus NRW. Die meisten arbeiten an Museen oder in der Denkmalpflege, andere sind wie die Daukszas freiberuflich tätig. Die Berufsbezeichnung »Restaurator« ist nicht geschützt. Deshalb fordert der Interessenverband verbindlich den akademischen Abschluss als Ausbildungsweg. Und die organisierten Restauratoren haben sich einen Ehrenkodex auferlegt. An acht deutschen Hochschulen, u.a. Köln, wird Restaurierung gelehrt.
Gerade hat Ludwik Dauksza ein Bild aus dem 19. Jahrhundert dubliert, ausgekittet und retouchiert. Das Werk eines Privatkunden war stark beschädigt. Dublieren heißt: Auf einer zweiten Leinwand werden die schadhaften Stellen nachgemalt. »Die Verantwortung ist immer gleich, ob bei einem Rembrandt oder einem Bild, das jemand auf Omas Speicher gefunden hat. Jeder hat Anspruch auf perfekte Arbeit«, sagt Ludwik Dauksza. Und die kann schon mal mehrere Monate Zeit kosten. Vor zwei Jahren kam ein Blumenbild zum Reinigen ins Haus, auf den ersten Blick unscheinbar. Auf den zweiten war unter einer Rose eine Büste zu erkennen: Das Stillleben verbarg eine wunderschöne Aphrodite, die das Restauratoren-Paar freilegte: »Ein prächtiges mythologisches Motiv, mit dem niemand gerechnet hatte.« Solche Überraschungen sind die Würze.
Ein versierter Restaurator braucht neben Kunstverstand auch fundiertes Wissen im chemischen und physikalischen Bereich. Maria Gembala-Dauksza und Ludwik Dauksza benötigen für ihr Handwerk Skalpelle, Spachtel, Messer, Schwämme, Pinsel, Lappen, setzen auch starke Tageslichtscheinwerfer für die Arbeit ein. Gereinigt werden Bilder auf vielfältige Weise, nicht immer ist Wasser das beste Mittel. Dann kommen Lösungen und Tinkturen zum Einsatz, wie Terpentin und Methanol. Kitt zum Ausbessern mischen die Restauratoren beispielsweise aus Kreide und Spezialleim. »Leider kommt es oft vor, dass die Leute selbst am Kunstwerk herumgefummelt haben. Meist dilettantisch. Dann müssen wir den Schaden doppelt richten.«

Artikel vom 06.01.2007