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»Wir haben einen sehr guten
Draht zueinander gefunden«

Paderborns Trainer Holger Fach im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT

Rompido (WB). Sechs Trainingseinheiten und ein Testspiel - Paderborns neuer Chefcoach Holger Fach zieht im Trainingslager im spanischen El Rompido eine erste Bilanz. Im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT redet der 44-Jährige über seine Mannschaft, seine Ziele mit dem SCP 07 und seine Entdeckung Jan Schlaudraff.
Herr Fach, zunächst ein Satz zu den Bedingungen vor Ort. Das Hotel ist top, der Trainingsplatz dagegen eher ein Flop.Holger Fach: Der Platz könnte besser ein, aber ich möchte keinem im Verein jetzt einen Vorwurf machen. Wenn man sich solche Anlagen im Sommer anschaut, weiß man nie, wie der Zustand drei Monate später ist.

Aber dass der Platz viel zu schmal ist, konnte man auch beim ersten Besuch sehen.Fach: Das stimmt. Aber ich habe auch kein Problem damit, wenn ich nachmittags ins Stadion komme. Mir gefallen ganz andere Dinge nicht. Wenn man sieben Tage ins Trainingslager fährt, davon zwei zur An- und Abreise braucht und drei Testspiele macht, dann ist das sehr grenzwertig. Bei so einem Programm muss man zwei Tage länger bleiben.

Was beim Training sofort auffällt, ist, dass Sie sehr viel mit den Spielern reden. Fach: Ich bin ein Trainer, der viel kommuniziert. Aber gerade jetzt muss ich den Spielern ja erst einmal meine Vorstellungen klar machen. Ich kann von den Jungs ja nichts verlangen, wenn ich ihnen vorher nicht genau gesagt habe, was ich sehen will.

Wie ist Ihr erster Eindruck von der Mannschaft?Fach: Sie will arbeiten, sie will Erfolg haben und ist sehr pflegeleicht. Wir haben in der relativ kurzen Zeit einen sehr guten Draht zueinander gefunden. Ich denke, wenn wir auf den wichtigen Positionen von Verletzungen verschont bleiben, dann können wir unser Ziel erreichen.

Werden Sie noch einmal auf dem Transfermarkt aktiv? Fach: Die Leute, die uns aus dem Stand heraus besser machen würden, können wir nicht finanzieren. Da stehen wir auch in starker Konkurrenz zu anderen Vereinen. Einen Spieler wie den Mainzer Diakité hätte ich gerne genommen, da waren wir auch dran. Aber wir werden den finanziellen Rahmen nicht sprengen und warten ab.

Wie ist Ihr Eindruck vom Bulgaren Nikolay Krastev?Fach: Solche Testspiele wie gegen Südkorea sind nicht aussagekräftig genug. Ich hole lieber einen Spieler, den ich kenne. Da weiß ich, was ich habe, auch wenn Krastev möglicherweise ein paar Prozentpunkte besser ist. Wichtig ist aber auch die Sprache. Gerade im Innendeckerbereich ist ein Mann, der wenig deutsch spricht, problematisch.

Sie haben beim 2:2 im Testspiel gegen Südkorea in der ersten Hälfte das System Ihres Vorgängers mit drei offensiven Mittelfeldspielern und einer echten Spitze übernommen. Insgesamt rückt die Mannschaft jetzt aber viel weiter auf und attackiert den Gegner früher.Fach: Wenn man eine Mannschaft zusammenstellt, macht man sich natürlich vorher Gedanken, welches System man spielen will. Einen Erwin Koen zum Beispiel kann ich nur auf der Außenbahn einsetzen und nicht in einer Raute spielen lassen. Dafür reicht sein Defensiverhalten nicht. Mir fehlt auch der zweite gestandene Stürmer, um mit zwei Spitzen zu agieren. Timo Röttger ist sicher ein Nachwuchsspieler, der viel geleistet hat und sehr willig ist. Aber ich glaube nicht, dass er in der Rückrunde 17 Spiele mit so einer hohen Qualität absolviert, die uns die zweite Liga erhält. Normal wäre, wenn so ein junger Mann auch mal in ein Loch fällt. Deshalb stellt sich die Frage nach dem System nicht. Ich möchte nicht mehr so tief stehen, weil ich sehe, dass wir in der Hinrunde viel zu wenig Tore geschossen haben. So war der Weg bis zum Tor für uns 70 Meter weit, das ist verdammt lang. Andersherum bekomme ich aber auch nicht so viele Tore. Da müssen wir die richtige Balance finden. Beim 2:2 gegen die U 20 von Südkorea hat das eine Halbzeit lang gut geklappt. Hinten haben wir nichts zugelassen, vorne hatten wir fünf gute Chancen und haben davon zwei genutzt.

Mit der zweiten Halbzeit können Sie dagegen nicht zufrieden sein.Fach: Von dem einen oder anderen Spieler, der zur zweiten Halbzeit kam, hatte ich schon sehr viel mehr erwartet. Mir sind nur Markus Krösche und Timo Röttger aufgefallen. Dennis Schulp ist nach seiner langen Pause noch nicht fit, aber sonst war da nicht viel.

Bleibt René Müller Kapitän der Mannschaft?Fach: Ich glaube, die Mannschaft ist intakt. Deshalb sehe ich im Moment keinen Grund, irgendetwas zu ändern.

Sie haben nach Ihrer Entlassung in Wolfsburg fast 13 Monate gewartet. Was sprach jetzt für den kleinen SC Paderborn?Fach: Nach einem Jahr Pause wollte ich wieder als Trainer arbeiten, aber nicht irgendwo als Feuerwehrmann einspringen. In der zweiten Liga werden die ersten sechs Teams keinen Trainer tauschen, weil sie gut stehen. Danach kommen etwa zehn Klubs, die von der Punktzahl und damit von der Qualität etwa gleich sind. Dazu zählt auch Paderborn. Ich habe die Mannschaft beim 1:1 in Duisburg gesehen, da stand sie sehr geordnet und hat besser gespielt als die Mannschaften, die zurzeit auf einem Abstiegsplatz stehen.

Sie haben sich, sollte der Klassenerhalt gelingen, gleich bis 2009 an den Verein gebunden. Was haben Sie mit dem SCP vor?Fach: Das neue Stadion, zweitligagerechte Trainingsbedingungen oder ein professioneller Scoutingbereich - das alles wird bis zur Verwirklichung einige Zeit brauchen. Ich möchte diesmal aber auch die Früchte dieser Aufbauarbeit ernten. Als ich in Gladbach anfing, waren wir hoch verschuldet, hatten auch kein Stadion und spielten in der zweiten Liga. Als ich ging, war das neue Stadion fertig und der Klub wieder ein Erstligist. Das in Ansätzen auch hier zu verwirklichen, ist unser Ziel.

Sie haben in Gladbach Jan Schlaudraff entdeckt. Hätten Sie ihm auch zu einem Wechsel zu den Bayern geraten?Fach: Wenn es letztlich um Bremen oder München ging, dann sind die Bayern schon die richtige Wahl. In Bremen sind Diego und Klose gesetzt, also hätte sich Jan mit Zidan, Klasnic, Hunt und Almeida um den einen freien Platz im Angriff streiten müssen. Deshalb hat er es bei den Bayern im Moment etwas leichter.

Artikel vom 08.01.2007