06.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein Reiterstandbild
wie eine Traumgestalt

Figürliche Plastiken von Wolfgang von Chamier

Von Uta Jostwerner
und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Am Schaufenster der Galerie 61 in der Neustädter Straße bleiben die Passanten derzeit in Scharen kleben. Kein Wunder, denn die Skulpturen von Wolfgang von Chamier sind der reinste Blickfang.

Die figürlichen Arbeiten aus Gips und Terrakotta verleihen dem Raum eine museale Anmutung. Ihre helle Farblichkeit korrespondiert mit den weiß getünchten Wänden und unterstreicht den filigranen Gestus der Skulpturen, die trotz ihrer partiellen Massigkeit zart und zerbrechlich wirken.
In der Raummitte zieht ein Pferd mit Reiter die Aufmerksamkeit auf sich. Das traditionelle Reiterstandbild erscheint indes zur Traumgestalt abgewandelt. Chamier fügt fantastische, fremdartige Körperteile hinzu und spart an anderer Stelle Teile aus. Die Skulptur wirkt wie eine aberwitzige, eingefrorene Halluzination aus einem Traum.
Weibliche Akte in unterschiedlichen Größen dominieren indes den Raum. Trotz ihrer figürlichen Ausarbeitung erreichen sie einen hohen Abstraktionsgrad. Seriell arbeitet Chamier an seinen Figuren eine Formsprache ab, die sich auf die Begriffe sitzen, stehen und liegen bezieht. Die Körper scheinen in ihrer Bewegung erstarrt, ähnlich einer fotografischen Momentaufnahme, besitzen aber eine enorme dynamische Spannung. Farblich in hellen Farbnuancen gehalten, setzt der Künstler am Ende des Schaffensprozesses sparsame Akzente mit Farbe. Sie geben jeder Figur eine individuelle Note und unterstreichen den spezifischen Charakter.
»Meine Arbeiten entstehen intuitiv«, sagt Wolfgang von Chamier über seine Arbeitsweise. Neben menschlichen Abbildungen zieren wenige tierische Plastiken den Raum. Sie bilden allesamt eine harmonische, auf den Raum abgestimmte Gesamtkomposition und wurden aus dem reichen Atelierfundus des Künstlers eigens für die Ausstellung zusammengestellt.
Im Hinterzimmer der Galerie sind zudem Aktzeichnungen zu sehen. Sie entstehen begleitend zu den Plastiken. Beide Arbeitsweisen befruchten sich gegenseitig.
Wolfgang von Chamier wurde 1954 in Bielefeld geboren. Er studierte Bildhauerei in der Klasse von Richard Heß an der Fachhochschule Bielefeld und legte 1988 sein Diplom ab. Seine Werke wurde in Bielefeld zuletzt vor sechs Jahren in der Galerie Lindner-Voß ausgestellt.
Die Ausstellung läuft bis zum 10. Februar. Geöffnet: freitags von 16 bis 19 Uhr und samstags von 12 bis 16 Uhr.

Artikel vom 06.01.2007