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Stehvermögen und Sandspiele

Die Stärken der Zeitnehmer Magnus Treichel und Cord Mohrhoff

Von Volker Krusche
Minden (WB). Stehvermögen zahlt sich aus. Ein Stuhl zu wenig am Zeitnehmertisch beim Bundesligaspielspiel des TuS N-Lübbecke vor sieben Jahren führte dazu, dass Sekretär Cord Mohrhoff seinen Job in den folgenden 60 Minuten im Stehen verrichten musste.

Genau das muss er zusammen mit Partner und Zeitnehmer Magnus Treichel allerdings so souverän erledigt haben, dass DHB-Schiedsrichterwart Peter Rauchfuß völlig begeistert die Jungs Jahre später sogar als Gespann am WM-Zeitnehmertisch auswählte.
Neben Mohrhoff/Treichel (Friedewalde) wurden mit den Lippern Alexander Preetz/Klaus-Dieter Keienburg sowie Michael Komorowski/Friedel Rethmeier zwei weitere OWL-Gespanne berufen.
Mohrhoff und Treichel, beide Jahrgang 1971, gelten trotz ihrer Jugend als anerkannt, vielseitig und erfahren. Beide spielten seit dem zehnten Lebensjahr Handball. Nur sechs Jahre später machten sie ihre Schiedsrichterscheine. »Weil wir uns häufig über die Schiedsrichter aufgeregt haben«, erinnert sich Magnus Treichel: »Man darf eben nicht nur meckern, sondern muss die Situation auch zu ändern versuchen.« Das Ergebnis: Mohrhoff ist seit einigen Jahren stellvertretender Schiedsrichterwart im Handballkreis Minden-Lübbecke und Treichel übernahm 2004 die Aufgabe des Bezirks-Schiedsrichterwartes. Allerdings kam ihr propagierter Leistungsgedanke nicht überall gut an. Da blies insbesondere Treichel häufig der Wind der Besitzstandhalter ins Gesicht.
Sportlich gab es da viel weniger zu hadern. So schafften es Mohrhoff/Treichel als Schiedsrichter bis in die Regionalliga. Parallel dazu saßen sie am Zeitnehmertisch - und das sogar in der Bundesliga. Bis der Schiedsrichterwart des Westdeutschen Handballverbandes mit einer merkwürdigen Entscheidung aufwartete. »Da hieß es, dass Schiedsrichter aus der Regionalliga keine Zeitnehmer bei Bundesligaspielen sein dürfen«, zuckt Treichel noch heute mit den Schultern. Doch für den in der Pionier-Brigade 100 in der Mindener Herzog-von-Braunschweig-Kaserne Dienst tuenden Personaldienstoffizier und seinen Partner löste sich dies Problem von selbst.
Mohrhoff musste nach einer Knieverletzung seine Schiedsrichterei an den Nagel hängen. Klar, dass auch Treichel das Kapitel beschloss und nicht zur Fortführung der Karriere auf die Suche nach einem neuen Partner ging. Komplett beendet war die Schiedsrichter-Leidenschaft aber nicht. Sie tauschten nur den Untergrund: vom Parkett in den Sand. Als Beachhandball-Schiedsrichter schafften Mohrhoff/Treichel den Sprung in den DHB-Kader, gelten dort noch immer als eines der beiden stärksten deutschen Gespanne, was sich auch in der Teilnahme an den World-Games in Duisburg und der Leitung dreier Meisterschafts-Finals in Cuxhaven widerspiegelt.
Daneben haben sie nun auch die Freiheit, ihre Erfahrungen als Spieler und Schiedsrichter in den Job am Zeitnehmertisch einzubringen. »Gerade Stresssituationen kann man dadurch vorausahnen.« Anfänglich beschriebenes Stehvermögen in Lübbecke, aber auch ihre Leistung unter Druck beim im Herbst in Hannover augetragenen World-Cup, sorgten dafür, dass Mohrhoff/Treichel bei Schirichef Rauchfuß ein Stein im Brett hatten.
In Hannover war durch Drücken einer falschen Taste während einer Auszeit der Info-Würfel unter der Hallendecke ausgefallen. Die beiden 35-Jährigen behielten die Ruhe und keine 60 Sekunden später war der Datenmonitor pünktlich zum Wiederanpfiff für die Zuschauer wieder fit. »Wir dachten schon, dass es mit dem Fehler für uns gewesen wäre. Aber es hat Peter Rauchfuß gefallen, wie ruhig wir geblieben sind und die Sache wieder in Griff bekommen haben.« Und genau das war dann auch die Fahrkarte zur WM.

Artikel vom 10.01.2007