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»Das hat mehr Charme«

Michael Werner ist einer der letzten Kinoplakatmaler

Von Ansgar Haase
Berlin (dpa). Die Zeiten, in denen sich Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger noch im Alleingang mit den Bösewichten dieser Welt anlegten, waren gute Zeiten für Michael Werner.

Als »Rambo«, »Rocky« und »Terminator« lockten die Superstars das Kinopublikum in Massen vor die Leinwände. Mit jedem neuen Film klingelten auch bei Werner die Kassen. An zahllosen Berliner Lichtspielhäusern hingen damals bis zu 100 Quadratmeter große Kinoplakate - handgemalt von den zwei Dutzend Angestellten des 55-Jährigen. Dann setzte Ende der 90er Jahre das Kinosterben ein.
Heute, keine zehn Jahre später, kann Werner gerade noch zwei Mitarbeitern Arbeit geben. Die älteste und einzige Kinoplakatmalerei der Hauptstadt kämpft wie die wenigen anderen im Land ums Überleben. Im Juni 2006 hat Michael Werner drei Wochen Urlaub gemacht - unfreiwillig. Schuld war der inzwischen preisgekrönte deutsche Film »Das Leben der Anderen« (Regie: Florian Henckel von Donnersmarck), der wochenlang die Leinwände und damit auch die Werbeflächen blockierte.
»Es sind nicht mehr viele Kinos, die sich von uns ihre Großflächen malen lassen. Und wenn dann ein Film besonders gut läuft, bedeutet das, dass die Aufträge ausbleiben«, sagt Werner. »Was die Filmwirtschaft freut, ist für uns Höchststrafe.«
Geblieben sind ihm Kunden wie das Kino International oder der Zoo Palast. Viele andere Lichtspielhäuser aber haben Pleite gemacht oder lassen sich ihre Plakate drucken. Was früher technisch schlicht unmöglich war, ist heute ein Kinderspiel und meist sogar günstiger.
Im Vergleich zu Kinoplakatmalereien in anderen Städten haben es Michael Werner und seine zwei Mitarbeiter aber noch relativ gut. In Hamburg können die zwei verbliebenen Vertreter ihrer Zunft gerade mal noch eine Leinwand bestücken. Lediglich in München gibt es noch vier Kinos, die ebenfalls auf echte Handarbeit setzen. Zu den wenigen, die Werner und seinen Kollegen in Hamburg und München die Stange halten, gehört Georg Kloster. »Die Plastikplakate sind für mich zu kalt, sie werfen Falten und sie sehen billig aus«, sagt der Geschäftsführer der Berliner Yorck-Kino-Gruppe. Vier seiner Lichtspielhäuser lässt er noch mit den handgemalten Plakaten aus Werners Werkstatt ausstatten. »Echte Farbe auf echter Leinwand - das hat einfach mehr Charakter, mehr Charme«.

Artikel vom 04.01.2007